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Spielbetrieb Frauen 12. 05. 2023

Aktive und gezielte Mitgliederwerbung von Frauen und Mädchen als wichtige Empfehlung (3./Schluss)

Ihre Arbeit für den Frauen – und Mädchenfußball hat sich in den letzten Jahren deutlich positiv gestaltet. Im „Fußball-Magazin“ 01/2023 sind wir dem einmal genauer auf den Grund gegangen, um anderen Vereinen, die bereits im weiblichen Bereich tätig sind oder dies werden möchten. Anreize und Umsetzungsbeispiele zu geben. Vielleicht haben nicht alle das „Magazin“ des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) gelesen.

Im Interview beantwortet Selina Rolle, Leiterin Frauenfußball beim FC Thüringen Weida, die Fragen:

Welche Voraussetzungen mussten im Vorfeld geschaffen werden, sodass eine solche positive Entwicklung überhaupt möglich war?

„Gemeinsam mit Präsident Nick Schubert haben wir im Jahr 2020 die Frauenmannschaft des FC Thüringen Weida gegründet. Wir haben viele Gespräche geführt und uns über unsere Erwartungen und Vorstellungen ausgetauscht. Dabei war es uns besonders wichtig, Spielerinnen für unsere neue Mannschaft zu begeistern und zu einem Probetraining einzuladen. Wir haben uns dafür auf Social Media präsentiert und konnten so viele interessierte Spielerinnen erreichen. Der Zeitpunkt und die Umstände waren perfekt für eine Neugründung.

In unserer Region gab es zu diesem Zeitpunkt keine Frauenmannschaft und die Nachfrage war hoch. Durch unser großes Netzwerk an fußballbegeisterten Personen konnten wir innerhalb kürzester Zeit 22 Frauen für unser erstes Probetraining begeistern. Es war ein toller Erfolg und wir waren stolz darauf, dass unser Versuch gelungen war.“

Welche Maßnahmen/Best Practice Beispiele wurden im Verein umgesetzt, um die Anzahl der Mitglieder an Frauen und Mädchen im Verein zu erhöhen?

„Uns war es wichtig, unseren gesamten Umkreis mit allen notwendigen Informationen und Entwicklungen zu versorgen. So erfolgten regelmäßige Ankündigungen auf Instagram und Facebook, welche die Interessierten auf dem Laufenden hielten. Als die Frauenmannschaft bereits beachtliche Erfolge in der Thüringenliga erzielen konnte, kamen neue Gesichter zur Mannschaft hinzu. Auch unsere Trainer waren engagiert und motiviert, die Spielerinnen zu fördern und zu unterstützen. Zudem sollten vor allem der respektvolle Umgang und ein angemessenes Maß an Spaß im Vordergrund stehen. Auch unserer Fanszene „Szene W“ ist ein großer Dank für die steigenden Mitgliederzahlen zuzuschreiben. Diese unterstützte uns regelmäßig und sorgte für viel Aufregung rund um den Weidaer Frauenfußball. Um weitere Mitglieder zu gewinnen, haben wir zuletzt gemeinsam Plakate entworfen, die nun in Schulen und anderen öffentlichen Orten aushängen.

In der letzten Zeit hat der FC Thüringen Weida auch mediale Aufmerksamkeit erfahren. Ab und zu erscheint ein Beitrag auf der Titelseite des Weidaer Wochenblatts. Auch Interviews mit Spielerinnen, welche anschließend als Radiobeiträge im Vogtlandradio veröffentlicht werden, steuerten zu einer enormen Präsenz in der Umgebung bei. Letztendlich wurde sogar ein Fernsehbeitrag beim MDR über die Weidaer Frauenmannschaft veröffentlicht. Man versucht stetig den Verein mit neuen Ereignissen ins Leben der Mitmenschen zu rufen. So beispielsweise wurde eine Ausfahrt nach Gelsenkirchen organisiert, bei welcher man am Ende des Tages gegen den FC Schalke 04 ein Testspiel absolvierte. Bei uns herrscht im gesamten Verein ein familiäres Zusammenleben und man akzeptiert und respektiert sich gegenseitig. Es sollte keinen Unterschied zwischen Frauen- und Männermannschaft geben. So gestalten gemeinsame Teamabende oder Feiern das Vereinsleben. Die Gründung der Mannschaft hat vielen Mädchen und Frauen schlussendlich die Möglichkeit gegeben, ihrer Fußballleidenschaft nachzugehen und sich einer Mannschaft anzuschließen. Der Verein arbeitet täglich hart daran, die Mannschaft zu fördern und weiterhin neue Mitglieder zu gewinnen.“

War im Verein der „Boom“ nach der erfolgreichen EURO 2022 der Frauen spürbar?

„Wir haben als Mannschaft natürlich mitgefiebert. Ich denke jedoch, dass dies keine Auswirkungen auf den Verein an sich hatte. Wir hatten bisher immer viele Zuschauer und wir als Team waren zudem seither stetig präsent. Daher würde ich einen direkten Zusammenhang verneinen.“

Welche Empfehlungen können Sie anderen Vereinen mit Frauen- und / oder Mädchenmannschaften mit auf den Weg geben, dass es dort eine ähnliche Entwicklung geben könnte?

Ein Verein sollte sich aktiv für die Mitgliederwerbung von Frauen und Mädchen in ihrem Verein einsetzen. Eine Möglichkeit hierfür ist, gezielt Schulen und andere Institutionen anzusprechen. Auch das Verteilen von Flyern oder das Schalten von Anzeigen kann helfen, neue Mitglieder zu gewinnen. Eine aktive Präsenz auf Social Media Plattformen kann dazu beitragen, mehr Aufmerksamkeit für den Verein und die Frauenmannschaft zu generieren. Regelmäßige Posts über Spiele, Trainingseinheiten und Erfolge können potenzielle Mitglieder auf den Verein aufmerksam machen. Kooperationen mit anderen Frauenfußballvereinen können helfen, die Bekanntheit des eigenen Vereins zu steigern und neue Mitglieder zu gewinnen. Dabei sollte der Fokus jedoch nicht nur auf dem Leistungssport liegen, sondern auch der Breitensport gefördert werden. Ein lockerer und spaßiger Umgang mit dem Sport kann dazu beitragen, dass sich auch Frauen und Mädchen, die nicht unbedingt Leistungssport betreiben wollen, dem Verein anschließen.“

Welche Unterstützung seitens des Verbandes und des Kreis-Fußballausschusses würde Sie sich wünschen, um diese positive Entwicklung weiter vorantreiben zu können?

„Der Verband und der Kreisfußballausschuss könnten gezielt Maßnahmen zur Förderung von Frauen- und Mädchenfußball initiieren und unterstützen, wie beispielsweise finanzielle Unterstützung für Vereine, die Frauen- und Mädchenfußball anbieten. Regelmäßige Frauenfußball-Events könnten die Aufmerksamkeit für den Frauenfußball erhöhen und Frauen und Mädchen für diesen Sport begeistern. Zudem würde ich mir mehr Präsenz von den Vertretern des TFV wünschen. Man kennt sich zwar mit Namen, aber dennoch sind die Gesichter zumeist unbekannt. So könnte möglicherweise eine jährliche Veranstaltung seitens des Verbandes organisiert werden, bei welcher man sich besser kennenlernt und eine mögliche Zusammenarbeit im Frauenbereich fördern könnte. Zudem besitzt nicht jede Mannschaft das Glück, eine so herausragende Sportstätte zu besitzen, wie der FC Thüringen Weida. Bei vielen Mannschaften findet man heruntergekommene Anlagen vor, welche beispielsweise im Winter nicht einmal warmes Wasser haben. Daher könnten sich der Verband und der Kreis-Fußballausschuss den Frauenfußballvereinen für bessere Trainings- und Spielstätten einsetzen, um eine optimale Trainings- und Spielumgebung zu gewährleisten. Wie bereits mehrfach erwähnt, ist die Social Media Präsenz unabdingbar für die Geltung einer Frauenmannschaft. Doch nicht jeder hat hierzu die Möglichkeit. Daher könnten der Verband und der Kreis-Fußballausschuss den Frauenfußballvereinen bei der Öffentlichkeitsarbeit unterstützen, beispielsweise durch die Vermittlung von Kontakten zu bestimmten Medien. Grundsätzlich wünsche ich mir von jedem eine bessere Zusammenarbeit. Schließlich wollen wir alle das Gleiche – den Frauenfußball voranbringen.“

F.d.R. Hartmut Gerlach