Verband 16. 09. 2022

Andreas Kästner blickt in die Fußballgeschichte einer Nordthüringer Bergbauregion (1.)

Nach vielen Serien zur Geschichte des Thüringer Fußballs hat sich Andreas Kästner, Mitglied der Arbeitsgruppe „Archivierung im Thüringer Fußball-Verband (TFV)“ nun mit der Fußballgeschichte einer Nordthüringer Bergbauregion beschäftigt. Dabei rückt er die damaligen Betriebssportgemeinschaften (BSG) Glückauf Bleicherode und Aktivist Sollstedt in den Mittelpunkt. Seien Recherchen veröffentlichen wir in drei Folgen:

„Abraumhalden ragen in die Landschaft um Bleicherode und Sollstedt, den beiden nordthüringischen Kleinstädten westlich von Nordhausen. Sie zeugen von einer Zeit als die Region zu den Hochburgen des Kalibergbaues gehörte; vor 1990 fanden hier 2.500 Menschen Arbeit. Und auch der Sport wurde durch die ansässigen Betriebe des Kalikombinates gefördert und unterstützt. Das betraf unter anderen die beiden Betriebssportgemeinschaften Glückauf Bleicherode und Aktivist Sollstedt, wo natürlich auch damals Fußball als die Sportart Nummer eine vorrangige Rolle spielte.

Die Bleicheröder, als die zumeist klassenhöhere Mannschaft von beiden, waren allein in den 1950er Jahren mehrfach auf dem Sprung in den höherklassigen Fußball der DDR. Als die Bezirksligen 1952 eingeführt wurden, gehörten sie im Bezirk Erfurt nicht nur zum Premierenfeld der zwölf Konkurrenten, sondern wurden mit zwei Punkten Vorsprung gegenüber Motor Sömmerda erster Bezirksmeister. Trainer war der nicht nur in der Region bekannte Martin Schwendler, der später bei verschiedenen Oberligamannschaften auf der Bank saß und 1966 mit Lok Stendal das Pokalfinale der DDR erreichte.

In der Aufstiegsrunde zur DDR-Liga fehlte den noch bis 1958 als BSG Aktivist aktiven Bleicherödern am Ende praktisch nur ein Punkt zum Sprung in die Zweitklassigkeit. Den Bezirkstitel gewannen sie zwei Jahre später erneut, schafften aber in der Qualifikation auch den Sprung in die neu eingeführte 2. DDR-Liga nicht.“

Inzwischen waren auch die Aktivisten aus dem nur gut fünf Kilometer entfernten Sollstedt in die Bezirksliga aufgestiegen, es kam nun auch auf dieser Ebene zu Derbys zwischen beiden Teams. So am zweiten Weihnachtsfeiertag 1955 in Bleicherode, als der Gastgeber in einer bei schlechten Bodenverhältnissen kampfbetonten Partie schon nach einer Minute führte, die Sollstedter aber nach dem Wechsel dem Sieg näher waren und am Ende ein 3:3-

Unentschieden zur Punkteteilung führte. Die Derbys gab es vorerst nur bis 1957. Denn was den Bleicherödern als Meister zweimal nicht gelungen war, wurde in jenem Jahr mit dem Gewinn der Vizemeisterschaft unter dem zuvor auch schon für Bleicherode tätigen Trainer Walter Siegfried wahr, nämlich der Aufstieg in die ab der folgenden Saison mit fünf Staffeln spielenden 2. DDR-Liga. Fünf Spielzeiten gehörten sie dieser dritthöchsten Spielklasse an, erst mit deren Abschaffung mussten sie als Tabellenzehnter in die Bezirksliga. Von einem Abstieg konnte man in diesem Fall gar nicht wirklich reden, denn nur insgesamt sechs von den insgesamt 70 Mannschaften rückten in die Liga auf, alle anderen spielten fortan in den Bezirken"

Wird fortgesetzt

Andreas Kästner