Schiedsrichter 09. 11. 2022

Benjamin Strebinger – Oberliga noch nicht das Ende der Fahnenstange?

Wenn  freundschaftliche Vergleiche zwischen Altherren-Mannschaften geplant sind, dann suchen die Teams gern einen älteren Schiedsrichter. Auch wenn es bei manchen Begegnungen dieser Altersklassen durchaus zur Sache geht.

Ungewöhnlich ist allerdings, dass schon ein 13-Jähriger solche Spiele pfeift, besser gesagt, gepfiffen hat. Denn das war exakt das Alter von Benjamin Strebinger, als er erstmals die Trillerpfeife betätigte. Auf dem Sportplatz in Waldau sprachen ihn die Oldies, die ohne Unparteiischen da standen, an und schon war der Referee Strebinger, damals noch ganz ohne Ausbildung, „geboren“.

Der gebürtige Hildburghäusener und in Waldau groß gewordene Benjamin hatte sich da schon längst ob seiner sportlichen Aktivitäten und Erfolge im Gymnasium einen Namen gemacht. In nicht wenigen Ergebnislisten unterschiedlichster Wettkämpfe oder auch in den Medien tauchte sein Name auf.

Dass wir ihn mit diesem Porträt aber als Unparteiischer in den Mittelpunkt rücken, hat mit seiner Auszeichnung durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) als „Nachwuchsschiedsrichter des Jahres im DFB“ zu tun (wir berichteten).

Der Sport hat den Südthüringer schon immer beschäftigt. Bis zum 12.. Lebensjahr war es der Langlauf in Masserberg. Doch die Anforderungen wurden immer intensiver und so wandte er sich dem Fußball zu. Beim SV Grün-Weiß Waldau hat er bis zu den A-Junioren gespielt, wobei er sich mit 17 entschied, „auf die andere Seite des Feldes“ zu wechseln. „Ich war der Meinung, dass ich als Schiedsrichter mehr erreichen könnte“, erklärt er diesen Schritt.

Nicht nur für diese Seite seines Lebens hat Benjamin Strebinger klare Vorstellungen. Denn nach dem erfolgreichen Abitur begann er in Erfurt, wo er mittlerweile im Zentrum wohnt, ein Lehramtsstudium für Regelschulen in den Fächern Wirtschaft/Recht/Technik und Sport. Alles Fächer, mit denen unser Gesprächspartner an fast jeder Schule des Freistaates mit weit geöffneten Armen empfangen wird und mit denen er auch Werken oder Informatik unterrichten könnte. Noch ist es nicht ganz soweit, aber nach Bachelor - und Masterabschluss will er 2025 als Referendar vor Schülern stehen. Gern würde er das in seiner Südthüringer Heimat tun.

Nach der erfolgreichen Premiere bei den Alten Herren kam man im Verein 2014 auf ihn zu und fragte an, ob er nicht eine Schiedsrichterausbildung absolvieren wolle. Er stimmte zu, selbst wenn sich seine Motivation damals zunächst einmal in Grenzen hielt.

Als er 2015 dann die ersten Spiele in der Kreisliga leitete, spürte Benjamin, dass er ganz gut klar kam. Schon 2018 war er in der Landesklasse des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) angekommen, ein Jahr später hatte er die höchste Leistungsklasse im TFV, die Thüringenliga, erreicht. Dass es nur fünf oder sechs Partien in dieser Liga wurden, hängt natürlich auch mit der Pandemie zusammen.

Wichtig für seine Entwicklung sei auch seine Teilnahme an den Lehrgängen der TFV-Fördergruppe „Rennsteiger“ von 2017 bis 2020 gewesen, blickt er zurück. „Diese Jahre haben mich sehr geprägt und waren gewinnbringend, zumal wir mit Peter Weise und später mit Sandy Hoffmann sehr kompetente Ansprechpartner hatten. Ich habe bei jeder Qualifizierung viel dazu gelernt.“ Unser Foto vom 23.09.17 zeigt ihn im Kreise der „Rennsteiger“.

Nun ist er in der Oberliga angekommen. „Zwar sind die Zuschauerzahlen nicht so hoch, aber diese Liga ist schon sehr interessant und attraktiv, weil ja auch einige Traditionsvereine hier spielen. Ich bin gern in der Oberliga unterwegs. Natürlich ist der Aufwand hoch, da man auch als Schiedsrichter oft den ganzen Tag unterwegs ist“, lautet die Antwort auf die Frage nach dem Niveau der 5. deutschen Spielklasse.

Die nach den eigenen Stärken beantwortet Benjamin Strebinger so: „Ich bin auf dem Platz sehr entspannt und bin ein ziemlich guter Ruhepol. Zu meinen Stärken gehören sicher auch meine läuferischen Fähigkeiten. Mit Karten gehe ich eher sparsam um.“

Natürlich gibt es auch immer wieder Begleiter, die solch ein Talent nach vorn bringen. Strebinger nennt den Schiedsrichterausschuss des TFV und Andrè Mau, seinen Coach in der Landesklasse. Zu ihm habe er heute noch engen Kontakt. Im Kreis sind es Stephan Reuter, selbst ehemaliger Oberliga-Referee, und Reinhard Meusel. Mit ihm ist er häufig unterwegs.

Und wie läuft es im Privaten? „Mein Tag ist ziemlich voll gepackt. Da ist die Uni in der Woche und das Wochenende mit oftmals zwei Spielen als Schiedsrichter oder Assistent. Aber ich nehme mir auch die Zeit für meine Freunde und treibe reichlich Sport. Ich fahre Mountainbike, habe im letzten Jahr damit eine Alpenüberquerung von München an den Gardasee gemacht, fahre mit dem Rennrad und laufe regelmäßig.“

Mit 22 Jahren Oberliga-Schiedsrichter zu sein, ist natürlich schon sehr beachtlich. Aber damit ist das Ende der Fahnenstange sicher noch längst nicht erreicht. Benjamin Strebinger ist vorsichtig, wenn er sich über seine Perspektive als Unparteisicher äußert: „Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und auch Glück haben. Ich habe ja schon zwei Spiele in der Regionalliga gepfiffen und mein Ziel ist es schon, hier fest eingestuft zu werden. Alles, was darüber hinaus passiert, würde mich auf jeden Fall sehr freuen. Aber das liegt auch teilweise nicht in meiner Hand, weil es nach oben hin immer enger wird.“

Die vor wenigen Tagen erhaltene Auszeichnung durch den DFB könnte dem Thüringer Schiedsrichter Benjamin Strebinger dabei durchaus nützlich sein … .

Hartmut Gerlach