Verband 17. 05. 2020

Das Duell mit dem Präsidenten steht noch aus

Gegen den ehemaligen Präsidenten des Landessportbundes (LSB) Thüringen. Peter Gösel, hat Dr. Jörg Lölke schon gekegelt. Das Duell mit dem Chef des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV), Dr. Wolfhardt Tomaschewski, steht indes noch aus. Die Protagonisten könnten sich allerdings wohl nur bei einem Turnier oder einem, wann das auch immer stattfinden kann, gemütlichen Beisammensein mit Kegeln auf der Bahn treffen. Denn Lölke und Tomaschewski spielen in unterschiedlichen Alters- und Leistungsklassen.

„Aber wenn wir uns begegnen, reden wir oft über das Kegeln“, sagt der TFV-Boss. Sprechen kann man mit dem Jenaer, der für jeweils zwei Tage pro Woche zum Team der Geschäftsstelle gehört und der am heutigen 17. Mai seinen 65. Geburtstag feiert, auch über Nordic Walking, die Natur oder das Wandern. Aber ganz besonders, und da sind wir bei seiner beruflichen Tätigkeit, über den LSB, den TFV und ihre Geschichte.

Seit 1995 beschäftigt sich der promovierte Historiker, der an der Friedrich-Schiller -Universität fast zur selben Zeit wie der Verfasser Geschichte und Deutsch studiert hat, mit der Geschichte des Landessportbundes. Zuvor hatte er 1983 auf der Suche nach einer Betätigung in der Sektion Sportwissenschaft der Uni einen Platz als Assistent gefunden und war fortan mit der Geschichte der Körperkultur beschäftigt.

Später waren die Kontakte zum damaligen LSB-Präsidenten, Professor Manfred Thieß, zwischenzeitlich auch Vorgesetzter von Lölke an der Universität, dem früheren Hauptgeschäftsführer Lutz Gräbedünkel und seine ehrenamtliche Tätigkeit hilfreich für die Stelle im LSB. Ab September 1995 baute Jörg Lölke nach drei Jahren so genannter Maßnahmen das Archiv des Thüringer Sportbundes auf. Das befindet sich in der Landessportschule Bad Blankenburg. „Ich bin seit mehr als 25 Jahren mindestens einmal pro Woche hier, konnte so auch die ganze Entwicklung der Sportschule miterleben und hänge natürlich am Archiv des Landessportbundes“, erklärt er.

Da der Thüringer Fußball-Verband damals wie der LSB in der Erfurter Werner-Seelenbinder-Straße 1 seine Zentrale hatte, kam es natürlich zu Kontakten mit den Fußballern. Die Idee verfestigte sich immer mehr, ein eigenes Archiv einzurichten. Mitarbeiter Jürgen Kirchner, heute noch im Ehrenamt Mitglied des Öffentlichkeitsausschusses, und später der Hauptgeschäftsführer Heinz-Joachim Jungnickel kurbelten das Projekt, wofür Dr. Lölke bereits Unterstützung signalisiert hatte, weiter an. Ein Vorstandsbeschluss ebnete dann den Weg zur Bildung eines Archivs.

Seit 2014 ist der Archivar des LSB nun auch im TFV der Experte für die Verbandshistorie und die Aufbewahrung von Dokumenten.. Jeweils montags und dienstags arbeitet er in den Räumen der Augsburger Straße 10, die sich auf derselben Etage wie die Geschäftstelle befinden. Mittlerweile ist er Leiter der Arbeitsgruppe (AG) „Archivierung im TFV“.

Aus den früheren Bezirksfachausschüssen (BFA) Erfurt, Gera und Suhl sowie dem Material der Geschäftsstelle verfügt das Archiv laut Lölke über ein gutes Startkapital. Kontakte, die TFV-Ehrenmitglied Manfred Lindenberg, Statistiker Andreas Kästner (Sömmerda) oder auch Joachim Zeng vermittelt haben, hätten dazu beigetragen, weitere Dokumente für das Archiv von vor 1990 sicherzustellen. Aber auch alle anderen Mitstreiter seien wunderbare Partner, lobt Jörg Lölke seine Arbeitsgruppe. „Ich fühle mich hier gut aufgehoben“, lautet sein Urteil.

Es gebe immer einige „Stammkunden“, die das Archiv nutzen, um vor allem zu ihren Heimatvereinen zu recherchieren, sagt Lölke. Ihm fehlt allerdings ein wenig der akademische Bereich. Noch heute bezeichnet er die Untersuchungen von Studenten aus Münster zur Entwicklung des Fußballs in Thüringen unter Leitung von Dr. Kay Reinhardt, die in einige Master- und Bachelorarbeiten mündeten, als ein Highlight in der noch jungen Geschichte des TFV-Archivs. Zum Reinhardt habe er eine sehr fruchtbringende Beziehung aufgebaut, so Lölke. Demnächst werde wieder ein Student aus Münster in Erfurt forschen.

Aber der Sporthistoriker trägt auch selbst viel zur Nutzung und Popularisierung des Archivs bei. Aktuell können wir dank seiner Recherchen in einer Serie - mit Datum heute sind 16 Folgen auf unserer Internetseite erschienen - über den Verband im 30. Gründungsjahr berichten. Als vor fünf Jahren das 25-jährige Jubiläum begangen wurde, trug Dr. Lölke mit vielen Beiträgen und einer kleinen Ausstellung wesentlich zu den Feierlichkeiten bei. Dazu hatte er auch Verbindung zum Hessischen Fußballverband (HFF) und insbesondere zu Rolf Lutz in Grünberg aufgenommen. Die Freunde aus dem benachbarten Landesverband waren nach der Wende ganz wichtige Partner für den Aufbau der Verbandsstruktur in Thüringen. Und auch für das „Fußball-Magazin“ ist Lölke ein willkommener Autor.

Der 65. Geburtstag hat heute einen anderen Stellewert als noch vor 30 Jahren. Immerhin muss der Jubilar noch neun Monate arbeiten, ehe er das Rentenalter erreicht Aber die Lölkes feiern ihn natürlich, wobei es sie ins östliche Sachsen zieht. Geboren ist Dr. Lölke in Pretzsch an der Elbe, aber in Thüringen, konkret in Wutha-Farnroda, aufgewachsen.

Das eingangs erwähnte mögliche Keglerduell mit Dr. Tomaschewski dürfte für den ersten Mann des Verbandes nicht leicht werden. „Ich weiß, dass Jörg Lölke ein guter Kegler ist“, sagt er. Gegen Peter Gösel hat der nun 65-Jährige mit nur einem Holz weniger verloren. Das sei sein gebührender Respekt gegenüber dem Präsidenten gewesen, meint er lächelnd. Gegen den TFV-Chef wird ihn der dreimalige Kreismeister Jenas vielleicht ablegen. Aber wenn es nicht reicht, dann könnte ja die Ehefrau die Kugel in die Hand nehmen. Denn die ist auch Keglerin … .

Hartmut Gerlach