Verband 29. 01. 2023

DFB lobt Bedingungen und hervorragende Ausbildung der Fußballerinnen am Elitestandort Thüringen

Im Interview: Christian Kucharz, Leistungssportkoordinator und Sachgebietsleiter Sport im TFV (III/Schluss)

Vor wenigen Tagen, konkret am 10. Januar, trafen sich die Partner des Nachwuchsleistungssports und unterschrieben die „Regionale Zielvereinbarung Fußball weiblich (Thüringen)“. Wir sprachen darüber mit Christian Kucharz, Leistungssportkoordinator und Sachgebietsleiter Sport im Thüringer Fußball-Verband (TFV). Das Interview mit ihm veröffentlichen wir in drei Folgen:

Heute (III/Schluss): Vereinbarkeit von Nachwuchsleistungssport und Schule als zentraler Punkt

HG: Mit Blick auf die ebenfalls sehr hohen Anforderungen der schulischen Ausbildung: Wie ist dieses Pensum für die Sportlerinnen zu realisieren?

CK: „Da hast du einen sehr wichtigen Punkt angesprochen: Die Vereinbarkeit von Nachwuchsleistungssport und schulischer Ausbildung ist ein zentraler Punkt der Eliteschulen. Neben den vielen Trainingseinheiten und Wettkämpfen gibt es eine hohe Anzahl an Landesauswahlaktivitäten, Schulturnieren und für die Kaderathleten Nationalmannschaftslehrgänge. Hier ist es wichtig, dass der Sport immer wieder Freiräume schafft, damit die Athletinnen schulische Anforderungen bewältigen können. Gleichzeitig ist es notwendig, dass die Schule Rücksicht auf Freistellungen und sportliche Wettkämpfe nimmt. Diese Balance kann innerhalb eines gut funktionierenden Verbundsystems gewährleistet werden, bedarf jedoch einer ständigen Kommunikation und Offenheit. Besonders relevant wird dies bei Kaderathletinnen, die mitunter auch mal 40-50 Schultage aufgrund von DFB-Maßnahmen verpassen und darüber hinaus auch noch Trainingspläne der DFB-Athletiktrainer erhalten.“

HG: Das ist enorm. Wie können diesen Spielerinnen konkret unterstützt werden?

CK: „In Absprache mit der Schule und den Lehrerinnen werden Aufgaben mitgegeben, die bei den Lehrgängen unter Aufsicht von Lehrern bearbeitet werden können. Bei Bedarf organisiert das Verbundsystem für diese Spielerinnen Nachhilfeunterricht und bespricht mit den Fachlehrern die schulischen und organisatorischen Herausforderungen. Parallel erfolgt die Belastungskontrolle im sportlichen Wettkampf, also im Training uns Spiel, durch die Landestrainer, die dahingehend im ständigen Austausch mit den Vereinstrainern stehen. In diesem Kontext hat sich für die Schülerinnen des Kursystems die Schulzeitstreckung sehr bewährt.“

HG: Was versteckt sich dahinter?

CK: „Die zwei Jahre im Kurssystem, also die 11. und 12. Klasse, werden auf drei Jahre gestreckt. Ein Modell, was an allen drei Thüringen Sportgymnasien umgesetzt wird. Gleicher Inhalt, aber deutlich mehr Zeit für Schule und Sport. Aktuell wurde diese Schulzeitstreckung evaluiert und die Ergebnisse sind absolut positiv: Die Noten der Athletinnen haben sich signifikant verbessert und es wurde deutlich mehr Zeit für den Sport, also zum Beispiel für individualisierte Trainingseinheiten, geschaffen. Kurz: Die Bedingungen an der Eliteschule bezüglich der komplexen Vereinbarkeit von Nachwuchsleistungssport und schulischer Ausbildung sind optimal und können anderweitig und außerhalb des Hauptamtes kaum noch realisiert werden.“

HG: Christian, du hast die Anforderungen der Kaderathletinnen angesprochen. Diese Spielerinnen hattet ihr im Oktober des vergangenen Jahres zu einem TFV-Leistungscamp eingeladen. Spielen solche Themen auch eine Rolle in der „Regionalen Zielvereinbarung“?

CK: „Korrekt, bei der Athletinnenentwicklung nimmt unser TFV-Leistungscamp eine zentrale Rolle ein. In Anlehnung an die DFB Performance Days haben wir die Inhalte für unseren Landesverband adaptiert und mit den Thüringer Juniorinnen-Nationalspielerinnen umgesetzt. Der DFB war davon so begeistert, dass Marc Reinhardt im kommenden Monat diesen spannenden Ansatz auf einer DFB-Tagung mit den Verbandssportlehrern vorstellen wird.

HG: In vielen Bereichen beispielhaft, bei den Schwerpunkten duale Karriere, Individualisierung und Spezialsport, seid ihr schon sehr weit. Wurden in der „Regionalen Zielvereinbarungen“ auch konkrete Reserven angesprochen.

CK: „Selbstverständlich, im Besonderen geht es dabei um die Talentförderung und -sichtung unterhalb der Zentrierung am Leistungszentrum, die Neuausrichtung des DFB-Stützpunktsystems sowie die Trainerentwicklung.“

HG: Wir haben jetzt viel über Inhalte und den Blickwinkel des DFB und des TFV gesprochen. Gib uns doch abschließend noch mal ein Feedback der externen Partner der „Regionalen Zielvereinbarung“?

CK: „Das Regionale Zielvereinbarungsgespräch verlief aufgrund der sehr guten Zusammenarbeit und der konzeptionellen Vorbesprechung sehr harmonisch. Das einhellige Statement des DOSB und des Olympiastützpunktes Thüringen lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die Arbeit am Standort Jena, die konzeptionelle Leitung durch den Spitzenfachverband und die inhaltliche Ausgestaltung der Regionalen Zielvereinbarung sind vorbildlich und auch beispielgebend für alle anderen Sportarten. Der kommissarische Schulleiter des Sportgymnasiums Jena, Andy Poltrock, bestätigte diese Aussagen zum Mädchen- und Frauenfußball und hob die hervorragende Arbeit im Rahmen des Spezialsports und der Entwicklung von Kaderathletinnen hervor.“

Am Gespräch über die „Regionale Zielvereinbarung“ nahmen teil: DOSB (Jürgen Barth), DFB (Ulrike Ballweg, Bianca Bechert), OSP (Dr. Bernd Neudert), LSB (Axel Jüngling), TFV (Udo Penßler-Beyer, Thomas Münzberg, Christian Kucharz), Sportgymnasium Jena (Andy Poltrock), Stadt Jena (Vanessa Baum), FC Carl Zeiss Jena (Isabelle Knipp, Janne Mlinarsky)

Auf unseren Fotos sieht man Emily Reske und Felicia Sträßer, TFV-Auswahlspielerinnen von FC Carl Zeiss Jena. Emily wurde bereits zwei Mal in der U19 DFB-Nationalmannschaft eingesetzt. Felicia bestritt ein Spiel in der U15.

Hartmut Gerlach