Verband 28. 01. 2023

DFB lobt Bedingungen und hervorragende Ausbildung der Fußballerinnen am Elitestandort Thüringen

Vor wenigen Tagen, konkret am 10. Januar, trafen sich die Partner des Nachwuchsleistungssports und unterschrieben die „Regionale Zielvereinbarung Fußball weiblich (Thüringen)“. Wir sprachen darüber mit Christian Kucharz, Leistungssportkoordinator und Sachgebietsleiter Sport im Thüringer Fußball-Verband (TFV). Das Interview mit ihm veröffentlichen wir in drei Folgen:

Heute (II): Fokus liegt auf weiterer Individualisierung

HG: Dann lass uns sehr gerne noch mal auf die Inhalte der regionalen Zielvereinbarung zurückkommen: Du hattest die allgemeinen Themenfelder bereits erwähnt. Kannst du uns in Kurzform die wichtigsten abgeleiteten Ziele konkret darstellen?

CK: „Für unseren Standort in Thüringen lassen sich vier Hauptzeile ableiten: Erstens, der weitere Fokus auf die Individualisierung und Förderung der „Top-Talente“; Zweitens, die Beibehaltung der Zielsetzung: Ausbildung von Juniorinnen-Nationalspielerinnen; Drittens, der Ausbau und die Beibehaltung des qualitativ sehr gut aufgestellten Verbundsystems im Sinne der bestmöglichen Karrierebegleitung und Viertens, die ständige Trainer und Trainerinnen-Entwicklung.“

HG: Welcher konkrete Handlungsauftrag ergibt sich aus dieser umfangreichen und ambitionierten Zielstellung für den Thüringer Fußball-Verband?

CK: „Das ist für uns, im Besonderen für die Landestrainer, nur durch die tägliche Arbeit am Talent und innerhalb des Verbundsystems möglich. Dazu gehören die konzeptionelle Gestaltung, Umsetzung und personelle Absicherung der Vormittags-Einheiten, den sogenannten Spezialsport, das individualisierte Training am Mittag oder frühen Nachmittag mit den Top-Talenten, die progressive Sichtung und Förderung über die Landesauswahl und die ständige Koordinierung alle Partner des Verbundsystems sowie des Nachwuchsleistungssports. Das beginnt in der Regel bei der Belastungssteuerung und -kontrolle der Juniorinnen-Nationalspielerinnen und endet bei den Trainer-Entwicklungsgesprächen.“

HG: Wie blickt der DFB auf die „Regionale Zielvereinbarung“ und im Besonderen auf den Standort Thüringen?

CK: „Der DFB sieht im Mädchen- und Frauenfußball den Standort Thüringen, mit seinem Zentrum in Jena, als besonders förderungswürdigen Elitestandort im Sinne der Nachwuchsleistungssport-Konzeption an und lobt in vielen Bereichen diesen Standort als beispielgebend.“

HG: Das klingt sehr positiv. Welche Aspekte hebt er besonders hervor?

CK: „Aktuell trainieren 15 junge Mädchen im Nachwuchsleistungszentrum bei den Jungs des FC Carl Zeiss Jena. Diese Möglichkeit, an einem Standort und mit diesen kurzen Wegen, in einem Verein bei den Jungs auf dem Niveau eines Nachwuchsleistungszentrums zu trainieren, ist deutschlandweit einmalig.

Weiterhin heben sie die enge Verzahnung innerhalb des beispielhaft gelebten Verbundsystems sowie die Arbeit der TFV-Landestrainer in der täglichen Arbeit mit den Talenten hervor. Besondere Erwähnung finden dabei der durch den TFV vorangetriebene konzeptionelle Neuansatz des Spezialsports, das individualisierte Training mit den Top-Talenten sowie die Integrierung der U17-Mädchenmannschaft des FC Carl Zeiss Jena in den Spielbetrieb der U15-Junioren-Verbandsliga.“

HG: Du hast die vielen Mädchen bei den Jungs im NLZ des FC Carl Zeiss Jena angesprochen. Wie gestaltet sich das in der täglichen Arbeit und wie ist die Akzeptanz?

CK: „Auf diesen Punkt sind wir wirklich besonders stolz. Diese Zusammenarbeit gab es auch schon früher, aber seit der Übertragung der Spielrechte des Mädchen- und Frauenfußballs zum FC Carl Zeiss Jena ist die Akzeptanz noch mal gestiegen. Es ist seit dem deutlich spürbar, dass sich die Trainer und Trainerinnen der Mädchen- und Juniorenmannschaften des FC Carl Zeiss Jena als Kollegen innerhalb eines Vereins sehen, bei der die Entwicklung der Spielerinnen und nicht einer einzelnen Mannschaft im Mittelpunkt steht.

Für die Mädchen und Jungs ist es sowieso nicht ungewöhnlich, da sie in derselben Klasse zur Schule gehen und auch im Spezialsport gemeinsam trainieren. Diese Rahmenbedingungen, die Koordinierung durch den Verband und regelmäßige Gespräche mit den Spielerinnen, Trainer und Trainerinnen und Eltern helfen bei dieser sehr positiven Entwicklung.“

HG: Neben dem Training und Spiel bei den Jungs hast du das individualisierte Training der Top-Talente als weitere Besonderheit hervorgehoben. Was können wir uns darunter vorstellen?

CK: „Damit ist nicht die Organisationsform, ein Trainer trainiert eine Spielerin, sondern vielmehr der Ansatz gemeint, losgelöst vom Mannschaftstraining sehr individualisiert auf die Stärken und Schwächen sowie besondere Positionsanforderungen der Top-Talente einzugehen. Dies kann mitunter auch in kleineren Gruppen erfolgen. In der Umsetzung sieht es dann so aus, dass ein Landestrainer mit dem Top-Talent im individuellen Gespräch ein Persönlichkeitsprofil entwirft, die Stärken und Schwächen gemeinsam erarbeitet werden und anhand dessen Coaching-Schwerpunkte, Zielformulierungen und Entwicklungsschritte erarbeitet werden. Das individualisierte Training findet in der Regel einmal pro Woche, meistens unmittelbar vor dem Mannschaftstraining, statt. Diese individuelle Begleitung ist ein permanenter Prozess, der unverzichtbar ist. Dabei ist es nicht vordergründig das Ziel krampfhaft nach den Schwächen und Unvollkommenheiten zu suchen, sondern vielmehr die individuellen Stärken und Besonderheiten zu entdecken und weiterzuentwickeln.“

Das Interview wird am Sonntag mit Teil III veröffentlicht beendet. Dann geht es unter anderem auch um das hohe schulische Pensum der Fußballerinnen.

Hartmut Gerlach