Verband 07. 11. 2020

Ewige Tabelle (22.): Höhenflug nach der Wende

In den bisherigen 30 Spieljahren haben in der höchsten Spielklasse des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV), die als Landesliga, Verbandsliga und nun Thüringenliga bezeichnet wurde und wird, 65 Vereine gespielt. Die Reihe der Vereine, die hier ihre sportliche Heimat hatten, reicht vom BSV Eintracht Sondershausen (23 Saisons) bis zum TSV 08 Holzthaleben (1).

In Zusammenarbeit mit Andreas Kästner (Sömmerda), Mitglied der Arbeitsgruppe (AG) „Archivwesen im TFV“ und Chef-Statistiker, der uns die Texte liefert, wollen wir Ihnen die Vereine der „Eigen Tabelle“ vorstellen:

Heute (22.): BSG Chemie Kahla – nach der Landesmeisterschaft für zwei Jahre Oberligist

„Kahla, bis über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt durch sein Porzellan und durch die Leuchtenburg auch Touristenmagnet, hatte bereits 1906 mit dem FC Britannia seinen ersten Fußballverein. Der hatte aber nichts zu tun mit dem Vorläufer der heutigen BSG Chemie. Erst 1910 wurde der Sportverein e.V. Fußball Kahla gegründet, der zwischen 1990 und 2017 auf sein Gründungsjahr bezogen mit dem Namen SV 1910 Kahla spielte.

Vor dem zweiten Weltkrieg hatte der Kahlaer Fußballsport Mitte der 1930er Jahre seine beste Zeit als der SV den Aufstieg in die Bezirksklasse Thüringen schaffte und dieser – wenn auch nur mit Platzierungen in der unteren Hälfte – zwischen 1933 und 1937 angehörte.

Für die 1950 gegründete BSG Chemie Kahla blieb höherklassiger Fußball die Ausnahme. Ein Jahr DDR-Liga nach dem Gewinn der Geraer Bezirksmeisterschaft 1954, jedoch klar abgeschlagener Tabellenletzter in der Staffel 2, war der einzige Eintrag zu DDR-Zeiten in dieser Rubrik. Immerhin wanderte 1957 und 1960 der Bezirkspokal in die Vitrine der Chemiker, im republikweiten Pokalwettbewerb überstanden sie aber nur einmal die 1. Hauptrunde.

Von der Abwanderungswelle, wie sie viele Vereine auf dem Gebiet der Ex-DDR traf, weitestgehend verschont, setzten die Kahlaer nach der Wende zum Höhenflug an. 1991 gewannen sie neben der Ostthüringischen Bezirksmeisterschaft den erstmals ausgespielten Pokal des TFV, wobei sie im Finale den Thüringenmeister FV Zeulenroda nach Elfmeterschießen bezwangen. Zur Spitzenmannschaft Thüringens gereift, wurden sie 1996 nach zweimaliger Vizemeisterschaft Landesmeister und stiegen in die NOFV-Oberliga Süd auf, der sie für zwei Spielzeiten angehörten.

Als Vater jener Erfolge gilt der langjährige Jenaer Oberligaspieler Ulrich Göhr, der die Mannschaft von 1986 bis März 1998 trainierte.

Die darauf folgende Durststrecke mit dem Abstieg aus der Thüringenliga 2001 und freiwilligem Rückzug in die Bezirksliga ist mittlerweile längst überwunden. Die Fußballabteilung hat sich 2017 aus dem SV 1910 ausgegliedert und den alten Namen Chemie wieder angenommen.

Und auch wenn man im Sportgelände Am Dohlenstein in den letzten Jahren den eigenen Ansprüchen ein wenig hinterherhinkte, spielt die BSG Chemie in der Landesklasse Staffel 1 doch eine mitbestimmende Rolle.“

Andreas Kästner/Hartmut Gerlach