Spielbetrieb 09. 08. 2020

Ewige Tabelle (9.): Geraer mit wechselvoller Nachwendegeschichte

In den bisherigen 30 Spieljahren haben in der höchsten Spielklasse des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV), die als Landesliga, Verbandsliga und nun Thüringenliga bezeichnet wurde und wird, 65 Vereine gespielt. Die Reihe der Vereine, die hier ihre sportliche Heimat hatten, reicht vom BSV Eintracht Sondershausen (23 Saisons) bis zum TSV 08 Holzthaleben (1).

In Zusammenarbeit mit Andreas Kästner (Sömmerda), Mitglied der Arbeitsgruppe (AG) „Archivwesen im TFV“ und Chef-Statistiker, der uns die Texte liefert, wollen wir Ihnen in den nächsten Folgen die Vereine vorstellen, die die „Ewige Tabelle“ (siehe Anhang) anführen. Dabei nehmen wir sowohl den FC Rot-Weiß Erfurt II als auch den FC Carl Zeiss Jena II heraus, sodass wir vorerst bis zum Platz 12 schauen.

Heute (9): BSG Wismut Gera - Traditionsname wieder seit 2009

„Die Ballsportgemeinschaft Wismut Gera gibt es in ihrer gegenwärtigen Form noch nicht sehr lange. Am 24. Mai 2007 fusionierten die beiden Geraer Vereine FC Blau-Weiß und KFC Dynamo mit der Fußballabteilung des 1. SV zum FV Gera-Süd, der dann zwei Jahre später den mit großen Traditionen verbundenen Namen Wismut annahm. Ebenfalls das Kürzel BSG, aber als Betriebssportgemeinschaft, hatten die einstigen Wismut-Fußballer zwischen 1953 und 1990 in ihrem Namen getragen.

Der Ursprung des Geraer Vereines geht auf das Jahr 1922 zurück. Aus dem Zusammenschluss des 1. VfR mit der Fußballabteilung der Allgemeinen Turngemeinde war damals die SpVgg Gera 04 geboren worden. Zwischen 1939 und 1943 gehörte der inzwischen in SV 04 umbenannte Vertreter aus der heute kreisfreien ostthüringischen Stadt der Gauliga Mitte an. Gleich in der ersten Spielzeit errang der zweifache Gaumeister Ostthüringens als Vierter seine beste Platzierung in dieser damals neben weiteren 15 Staffeln höchsten Spielklasse des Deutschen Reiches.

Und auch nach ihrer teilweisen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg sollte die Bergbaustadt wieder hochklassigen Fußball erleben. Um den späteren DDR-Nationaltrainer Georg Buschner stellte sie mit der BSG Gera-Süd eins der 14 Teams in der Premierensaison der Oberliga, das zuvor erst im Finale durch ein 0:1 gegen Waggonbau Dessau den Triumph im erstmals ausgetragenen DDR-Pokalwettbewerb verpasst hatte.

Damit schnell zur Fußball-Elite der Republik aufgestiegen, sollte wurde dann jedoch der Abstiegskampf zum Tagesgeschäft der später von der SDAG Wismut übernommenen Gemeinschaft, und dem Abstieg 1953 folgten lediglich 1966/67 und 1977/78 noch zwei Intermezzos im Oberhaus. Ansonsten aber erlebte die Fußballgemeinde an der Weißen Elster nahezu durchweg Spitzenfußball der zweitklassigen DDR-Liga und der Oberliga-Aufstieg wurde mehrfach nur knapp verfehlt.

Mit der BSG Wismut sind nicht nur Namen wie beispielsweise der Fußballspieler Dieter Erler, Harald Irmscher, Manfred Kaiser oder Bringfried Müller verbunden. Als Aktiver und späterer Trainer gehörte der noch heute weltbekannte Ulli Wegner lange Jahre der Sektion Boxen an.

Nach der Wende ging es im Stadion der Freundschaft nicht nur sportlich bergab, 2003 musste der Wismut-Nachfolger 1. SV Gera in Insolvenz gehen, ehe es zur eingangs beschriebenen Fusion kam. Zur neuen Nummer Eins in der Stadt hatte sich zwischenzeitlich der in Zwötzen geborene 1. FC Gera 03 entwickelt, der jedoch 2012 wieder aus dem Vereinsregister verschwand. Die neue BSG kletterte aus unteren Spielklassen empor bis in die NOFV-Amateuroberliga Süd. Dort zog sie sich allerdings 2019 freiwillig in die Thüringenliga zurück.“

Andreas Kästner/Hartmut Gerlach