Vorstand 19. 11. 2022

Jürgen Schweser - wie man Fußballfunktionär wird

Die Binsenwahrheit vorweg: Man wird nicht als (ehrenamtlicher) Fußballfunktionär geboren. Was natürlich die Frage aufwirft, wie kommt man dazu und wie wurde beispielsweise aus Jürgen Schweser der Vorsitzende des Kreis-Fußballausschusses (KFA) Nordthüringen. Wenn Sie das Porträt weiter verfolgen, werden Sie die Gründe erfahren.

Aber zunächst schon mal Glückwunsch, denn der Gymnasiallehrer feiert heute seinen 60. Geburtstag.

Seit jeher wohnt Jürgen Schweser in Esperstedt im Haus seiner Eltern. Das Dorf mit etwas mehr als 600 Einwohnern ist ein Ortsteil von Bad Frankenhausen, das 2008 eingemeindet wurde. Das hat der Jubilar nach der zur DDR-Zeiten noch üblichen und gar nicht so schlechten Berufsbausbildung mit Abitur – Schweser lernte in Artern Maschinenanlagenmonteur – der Armeezeit und dann auch zum Studium an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena (1985 – 90) verlassen. Zurückgekommen ist er als Lehrer für Deutsch und Geschichte,

Jürgen begann mitten im Wendejahr 89/90 ein Praktikum. Er erinnert sich noch, dass am Donnerstag Erich Honecker zurücktrat und er am Montag erstmals vor einer Klasse stand. „Da sind die Fetzen geflogen, auch für mich als Praktikant“, erinnert er sich schmunzelnd.

Schweser bekam im damaligen Altkreis Artern eine Stelle in Udersleben, an der Schule, an der er schon als Schüler gelernt hatte. Nach einem Jahr wurde die Schule geschlossen und weiter ging es für den Junglehrer nach Ringleben, wie Udersleben ein Stadtteil von Bad Frankenhausen. Auch hier war nach einem Jahr Schluss und für den Lehrer Jürgen Schweser begann 1992 die bis heute andauernde Laufbahn am Gymnasium Bad Frankenhausen. Das war 1991 neu eröffnet worden und hat derzeit ca. 500 Schüler.

Wie das zu jener Zeit  nicht selten so war – das hat der Verfasser selbst erlebt - blieb es für Schweser nicht bei seinen Hauptfächern. Da kamen dann schon mal ESP (wer kennt das noch?), Geographie, später Ethik und Gesellschaftswissenschaften sowie das Seminarfach dazu.

An sein erstes Fußballspiel vor 54 Jahren kann er sich noch gut erinnern. Das verlor er gegen Ringleben mit 1:6. Wie nicht nur auf den Dörfern üblich, wurde damals auch in Ermangelung anderer Angebote nach der Schule bis zum Dunkelswerden gebolzt. Und auch der Verein, der SV 58 Esperstedt, war gut besetzt und bot alle Altersklassen an. Jürgen Schweser hat dort „ewig“ mit nur kurzer Unterbrechung auch während der Zeit bei der NVA, Fußball gespielt.

Und als er als Lehrer in Udersleben, wo auch die Kinder aus Esperstedt lernten, als Klassenleiter einer Vierten. begann, da wussten die Jungs, die vor ihm saßen, dass Jürgen in der Ersten des SV 48 spielte. Da der verantwortliche Übungsleiter die DDR 1990 verlassen hatte, sprang Jürgen Schweser ein. Acht Jahr lang coachte er die Jungs. 1990 war auch das Jahr, als er als „Spartenleiter“ Fußball in Esperstedt begann. 17 Jahre lang führte er neben seiner Trainertätigkeit, für die er sich auch qualifizierte, die damalige Sparte, wie die Abteilung heute genannt wird, seines Heimatvereins. Mit immerhin 42 beendete er seine aktive Karriere.

Dass Jürgen Schweser ein Ehrenamt in Esperstedt begleitete und das wohl ziemlich gut machte, blieb auch Erich Scholz nicht verborgen. Scholz, der am 13.11.13 mit 87 Jahren verstarb, leitete den KFA Artern 55 (!!) Jahre und war in der Region eine „Institution“. Er fragte bei Schweser an, ob er sich eine Mitarbeit im KFA vorstellen könne. Für den Angesprochenen eine Ehre, zumal er sich das Ressort – der Esperstedter entschied sich, da er als Lehrer mit der Jugend zu tun hat, für den Männerbereich – selbst aussuchen konnte. Er wurde für vier Jahre Mitglied im Kreis-Spielausschuss und fungierte als Staffelleiter. 2004 stieg er als Nachfolger von Kurt Geyer, der war die „rechte Hand „von Scholz, weitere vier Jahre zum Spielobmann des Kreises auf. Als Erich Scholz 2008 auf dem Schweserschen Anwesen erschien, hatte er die Frage, ob dieser denn sein Nachfolger werden würde, im Gepäck.

Schweser wollte, übernahm den Kyffhäuserkreis und 2012 mit der Fusion den neuen KFA Nordthüringen. „Ich hätte eigentlich bei allen Anfragen immer nur nein sagen müssen“, meint er lachend.

Aufgaben auch im Verein, der derzeit gerade einmal aus 15 Mitgliedern besteht, hat Schweser genug. Der Sportplatz soll wieder hergerichtet werden. Denn die Bedingungen sind mit zwei Groß – und einem Kleinfeldplatz recht gut. Diese Plätze sowie das 1997 neu gebaute Sportlerheim will man nicht verkommen lassen.

Auch politisch ist Jürgen Schweser aktiv. Seit 1997 gehört er dem Gemeinderat an und seit 14 Jahren ist er Stadtrat in Bad Frankenhausen.

Jürgen Schweser ist allgemein als kritischer Geist bekannt. Er nimmt oft kein „Blatt vor den Mund“, will sich aber im Gespräch mit dem Verbandspresssprecher, „nicht um Kopf und Kragen reden“. Er sagt: „Für mich ist ein Ehrenamt ein Ehrenamt. Ich habe ein Problem damit, wenn es dafür Geld gibt. Mit einer Aufwandsentschädigung, wie sie unsere KFA-Mitglieder im Jahr erhalten, kann ich leben. Aber wenn ich höre, was mancher Funktionär im Dachverband bekommt, … . Im Ehrenamt macht man etwas für andere. Ich wurde immer angesprochen, hätte mich aber nie selbst für Funktionen und Aufgaben vorgeschlagen. Man muss aber dazu bereit sein.

Ich bin mit manchem, was von ‚oben’ kommt, nicht einverstanden. Mein Fußball ist nicht der von Katar, sondern der im Kreis und im Thüringer Fußball-Verband (TFV)“, sagt er ganz ehrlich und fügt hinzu, „Deswegen bin ich manchmal etwas grantig und habe mit meinem Gerechtigkeitsempfinden ein Problem. wenn man mir als einen Mann, der seit über 30 Jahren im Jugendbereich tätig ist, sagen will, ich hätte ja keine Ahnung.“

Über sein Wirken in der Gemeinde und im Bad Frankenhäuser Parlament haben wir schon informiert, aber sein berufliches Interesse, gerade für die Heimatgeschichte, endet für den Mann; der bis vor kurzem sogar Wehrführer der Feuerwehr war, nicht an der gymnasialen Schultür. „Mein Beruf, Geschichtslehrer zu sein, ist so etwas wie mein Hobby“, erklärt Jürgen und fügt hinzu „Ich arbeite gern mit dem Museum in Bad Frankenhausen zusammen und habe mich beispielsweise bei ‚120 Jahre Regionalmuseum’ an Publikationen beteiligt.“ Wenn die Region 2025 das große Bauernkriegsjubiläum feiert, dann ist die Mitarbeit von Jürgen Schweser wieder gefragt.

Und wie lautet nun die Antwort auf die Frage, wie man Fußballfunktionär wird? Am besten, Sie finden sie selbst – aus unserem Porträt über den nun 60-jährigen Espenstedter Jürgen Schweser.

Hartmut Gerlach