Spielbetrieb Juniorinnen 05. 05. 2023

Mädchenfußball braucht jemand, der die Initiative ergreift (2.)

Ihre Arbeit für den Frauen – und Mädchenfußball hat sich in den letzten Jahren deutlich positiv gestaltet. Im „Fußball-Magazin“ 01/2023 sind wir dem einmal genauer auf den Grund gegangen, um anderen Vereinen, die bereits im weiblichen Bereich tätig sind oder dies werden möchten. Anreize und Umsetzungsbeispiele zu geben. Vielleicht haben nicht alle das „Magazin“ des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) gelesen.

Im Interview beantwortet Carolin Kühn Trainerin der Mädchen des SV Fortuna Großschwabhausen, unsere Fragen (2.):

Wird fortgesetzt.

Welche Voraussetzungen mussten im Vorfeld geschaffen werden, sodass eine solche positive Entwicklung überhaupt möglich war? 

Zu allererst brauchte es jemanden, der die Initiative ergreift. Bei uns waren es die Mädchen selbst, sie hatten Lust auf Fußball, wollten aber nicht zu den Jungs, also haben sie mich angesprochen. Eine Mutter hat sich bereit erklärt, mich zu unterstützen und so haben wir losgelegt. Wir haben mit dem Verein im Ort gesprochen, so dass wir Platz und Trainingsmaterial nutzen durften, dann haben wir ein Schnuppertraining organisiert und beworben. Das war der Startschuss mitten in der Pandemie und der Zulauf war überraschend groß.

Welche Maßnahmen/Best Practice Beispiele wurden im Verein umgesetzt, um die Anzahl der Mitglieder an Frauen und Mädchen im Verein zu erhöhen?

Nichts Außergewöhnliches eigentlich. Wir haben Schnuppertrainings angeboten, die wir vor allem in den Schulen der Region beworben haben. Der Verein hat gemischte Ferien-Fußballcamps im Ort auf die Beine gestellt. Geplant war außerdem eine Ballsport AG in der Grundschule gemeinsam mit der Abteilung Handball des Vereins. Das „Gemeinsam“ ist leider an bürokratischen Hürden gescheitert. Die Idee mögen wir aber immer noch. Ansonsten sagen wir den Mädchen immer wieder: Bringt Freundinnen mit!  Das Training ist damit auch zum Treffpunkt für sie geworden. Außerdem suchen wir fortlaufend neue Übungsleiter/innen. Eine weitere Mutter und zwei junge Ex-Fußballerinnen unterstützen uns inzwischen, so dass wir die Altersklassen endlich besser trennen können.

War im Verein der „Boom“ nach der erfolgreichen EURO 2022 der Frauen spürbar?

Nein, Zulauf hat uns das nicht gebracht. Für die Mädchen, die schon da waren, hat es sicher einen kleinen Schub gegeben, weil plötzlich weibliche Idole in der Öffentlichkeit standen, aber ich glaube, das war nicht sehr nachhaltig.

Welche Empfehlungen können Sie anderen Vereinen mit Frauen- und / oder Mädchenmannschaften mit auf den Weg geben, dass es dort eine ähnliche Entwicklung geben könnte?

Es braucht einfach jemanden, der es in die Hand nimmt, dann kommen die Mädchen schon. Es braucht engagierte Eltern, die hinter dem Sport ihrer Kinder stehen. Wir haben da großes Glück und ich denke, ein paar davon gibt es überall. Außerdem machen Kooperationen mit Schulen und Kitas Sinn. Zu guter Letzt: für den Start vielleicht alles nicht ganz so ernst sehen. Die Mädels kommen vor allem erst einmal, um sich zu treffen und Spaß zu haben. Alles andere kommt von selbst.

Welche Unterstützung seitens des Verbandes und des Kreisfußballausschusses würden Sie sich wünschen, um diese positive Entwicklung weiter voran treiben zu können?

Ich glaube, dass es viele hilfreiche Maßnahmen bereits gibt, die Informationen dazu aber nicht bei den Trainer/innen ankommen. Eine Idee wäre zum Beispiel eine digitale Plattform, explizit für den Mädchen- und Frauenfußball in Thüringen, auf der Interessierte alle wichtigen Infos bekommen. Das würde auch das Netzwerken erleichtern, zum Beispiel, wenn es darum geht, Freundschaftsspiele zu organisieren. Insgesamt braucht es für den Anfang niedrigschwellige Angebote – zum einen für den Spielbetrieb, um dort auch Teams abzuholen, die eben noch keine zehn Mädels zusammenbekommen oder die nur aus Anfängerinnen bestehen, zum anderen aber auch für die Trainer/innen-Ausbildung. Die meisten, die sich engagieren, jonglieren ja nebenbei auch noch Familie und Job.

F.d.R. Hartmut Gerlach