Schiedsrichter 28. 01. 2020

Sandy Hoffmann - Ehrenamtler mit viel Herzblut und noch mehr Aufgaben

Als wir uns unlängst mit Sandy Hoffmann im Rahmen eines Lehrgangs in der Landessportschule Bad Blankenburg, so etwas wie dem zweiten Wohnzimmer des Floh-Seligenthalers, trafen, da war er im Foyer der Bildungseinrichtung gerade mit einer Tätigkeit beschäftigt, die dem Verfasser nicht unbekannt ist. Hoffmann kontrollierte einen Test. Da es sich um einen von Schiedsrichtern und nicht von Schülern handelte, musst unbedingt das Wort Regel davor gesetzt werden.

Es ist eine der Aufgaben, die während einer Qualifizierung der Unparteiischen des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) - davon gibt es im Laufe eines Jahres nicht wenige - zu erledigen ist. Der „Schriftkram“ gehört nun einmal wie Konzeptionen für Lehrgänge, Präsentationen für Vorträge oder das Ausfüllen von Beobachtungsbögen, um nur einige Beispiele zu nennen, zur ehrenamtlichen Tätigkeit des Mitgliedes des Verbandsschiedsrichterausschusses (VSA). Obwohl der 48-Jährige gebürtige Friedrichrodaer eher der Typ ist, der auf Menschen zugeht, vor allem mit Jüngeren gern arbeitet, das Gespräch sucht, mit Witz und Humor Befindlichkeiten abbaut und Vertrauen erzeugt. „Hier sehe ich auch eine gewisse Erfüllung“, sagt er.

Blicken wir zunächst auf die berufliche Laufbahn von Sandy Hoffmann. Der gelernte Koch arbeitete für einige Zeit auch in diesem Beruf, orientierte sich aber 2006 neu. Er wechselte in die Logisitik-Branche. Heute ist er als Operation Manager bei LGI TechLog Erfurt mit 130 Mitarbeitern in einer herausgehobenen Position tätig. Ein Unternehmen, das einen Großteil der europäischen Distributionslogistik von Panasonic bewältigt, Womit auch gesagt ist, dass ein Arbeitstag für den Südthüringer lang ist. Zwischen 4.30 und 5.00 Uhr macht er sich am frühen Morgen vom rund 80 Kilometer entfernten Heimatort nach Stotternheim auf den Weg. Zumeist ist er kurz vor 19 Uhr wieder zuhause. Was per Handy zu erledigen ist, geschieht dann meist auf der Heimfahrt zurück nach Floh-Seligenthal, wo er das elterliche Haus ausgebaut hat.

Kommen wir zum Schiedsrichter Hoffmann. Das Gen dafür ist in der Familie angelegt. Sein Vater, der selbst Referee war, hat es 1991 auf den Sohn übertragen. Und als der Filius in einem seiner ersten Spiele das Glück hatte, wie er selbst sagt, den ehemaligen Spitzenschiedsrichter Karl-Heinz Gläser als Beobachter zu haben, da war die Karriere als 23. Mannes eigentlich schon vorprogrammiert. „Es ging relativ flott, weil Gläser davon überzeugt war, dass ich ein guter Schiedsrichter werden könnte“, blickt unser Gesprächspartner auch auf die Teilnahme an erfolgreichen Nachwuchslehrgängen zurück. Auch Fritz Scherzl, ebenfalls ein bekannter Thüringer Schiedsrichter, formte den damals noch jungen Unparteiischen mit.

Dabei war Sandy als Aktiver durchaus erfolgreich. Er kann sogar auf die Torjägerkanone in der Junioren Bezirksliga Suhl (1988) zurückblicken und geriet in den Fokus für höherklassigen Fußball. Doch daraus wurde nichts. Die familiäre Situation und der Wehrdienst in der NVA verhinderten dies.

Die Konzentration auf das Schiedsen zahlte sich aus. Über die Spielklassen im Kreis und Land kam Hoffmann bis in die Oberliga als Unparteiischer und die 3. Liga als Assistent, heute Regionalliga, an, wo er elf Jahre pfiff. Er sei damals auch der einzige deutsche „Springer“ gewesen, was bedeutet, dass er nicht zu einem festen Schiedsrichtertrio gehörte. 2.006 setzte der zweite Kreuzbandriss dann das Stoppzeichen.

Und damit sind wir beim Funktionär Sandy Hoffmann. Diese Laufbahn begann nicht erst 2006, sondern schon 1992 mit der Lehrarbeit auf Kreisebene. 1996 wurde er zunächst Ansetzer und dann Kreisschiedsrichterobmann im Kreis-Fußballausschuss (KFA) Schmalkalden, später Werra-Rennsteig und dann Rhön-Rennsteig als Nachfolger von Torsten Jauch. 20 Jahre erlebte er fortan das Positive, aber auch die Schwierigkeiten der Arbeit an der Basis. Noch heute kennt er beides als zweiter Mann hinter dem KFA-Chef des Rhön-Rennsteig-Kreises, Hans Hörnlein.

 

Doch damit ist das Ehrenamt des Sandy Hoffmann auch nicht annährend beschrieben. Vielmehr gehören dazu: Bezirkslehrwart des Südthüringer Fußballbezirkes (STFB), Mitglied des TFV-Lehrstabs, Verbandsschiedsrichterausschuss (seit 2016).

In letzteren Gremium wirkt er als Verbindungsmann zwischen Land und Kreisen, zeichnet als Stellvertreter von Lehrwart Stefan Weber für Lehrgänge sowie die Schiedsrichterinnen verantwortlich und hat vor einigen Monaten Peter Weise als Leiter für die „Rennsteiger“, die Fördergruppe des TFV, beerbt. „Ich bin fast ein Mädchen für alles“, sagt er schmunzelnd. Und zu diesem Satz, respektive dem „Mädchen“, passt die Anekdote, die etwas mit seinem Vornamen zu tun hat.

Im Geburtsjahr 1971 lief in den Kinos landauf, landab der Film „Flipper“. Sandys Eltern waren davon und auch vom Hauptdarsteller Sandy so begeistert, dass sie diesen Namen für den eigenen Nachwuchs ins Auge fassten. „So wurde ich in der DDR ein männlicher Sandy ohne Zweitname. Das ist eine Rarität.“ Und so war es durchaus nicht verwunderlich, dass der Autor in seiner Aufgabe als Stadionsprecher in Rudolstadt den Schiedsrichter aus Floh-Seligenthal bei seiner Premiere 2001 zu einem Landesligaspiel schon einmal als Frau Sandy Hoffmann ankündigte … .

Aber der Wirkungskreis von Sandy Hoffmann ist nicht nur auf den TFV begrenzt. Als Schiedsrichter-Coach ist er im Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) in der Regionalliga eingesetzt. Darüber hinaus beobachtet er die Unparteiischen in Oberligaspielen. Zudem ist er, das verkündet er mit einigem Stolz in der Stimme, der einzige männliche Coach im Deutschen Fußball-Bund (DFB) für die Schiedsrichterinnen der 1. und 2. Bundesliga. Außerdem gehört er dem DFB-Kompetenzteam für Beachsoccer-Schiedsrichter sowie für die Ausbildung der Lehrwarte, Obleute und Trainer in Sachen Methoden- und Medienkompetenz an. Er sei, so wie im Unternehmen für seine Mitarbeiter oder die Schiedsrichter eigentlich immer erreichbar

Auf die Frage, wie man als „arbeitende Bevölkerung“ denn ein solch gewaltiges ehrenamtliches Engagement bewältigen kann, hat der Ex-Schiedsrichter eine einfache Antwort: „Wenn einem etwas Spaß macht, bekommt man alles geregelt.“ Fußball sei zwar auch Stress und Arbeit, aber es gebe viele freudige Momente, vor allem dann, wenn man sieht, wie sich junge Leute bemühten, fügt er hinzu. „Die Tätigkeiten sind nicht nur eine Herausforderung, sondern auch etwas Schönes“, lautet eine weitere Antwort des leidenschaftlichen Saunagängers, der allein im letzten Jahr 66 Beobachtungen auf allen Ebenen durchgeführt hat. Dass unser Porträtierte alles mit viel Herzblut tut - das wünscht man sich von dem einen oder anderen Funktionär - ist nicht erst seit dem Gespräch mit ihm eine Erkenntnis des TFV-Pressesprechers.

Dass Sandy ein sehr geselliger Typ ist, spüren die Schiedsrichter oft bei Lehrgängen. Man müsse auch selbst Spaß produzieren, weiß er um diesen Faktor, der das Zuhören und Mittun oft erleichtert und zu größerer Leistungsbereitschaft beiträgt. Hoffmann wörtlich: „Natürlich darf man das Ziel nicht aus den Augen verlieren und muss die Regularien beachten.“

Schauen wir abschließend noch einmal auf den Test der jungen Schiedsrichter. Der sei gut ausgefallen, die Teilnehmer am Sichtungslehrgang in Bad Blankenburg hätten sich ordentlich vorbereitet, resümiert Sandy Hoffmann einige Tage später auf Nachfrage. Womit er sich bestätigt fühlt in der Wertschätzung vieler junger Schiedsrichter … .

Hartmut Gerlach