Schiedsrichter 13. 02. 2021

Schiedsrichter der Thüringenliga im Porträt (23)

Unser Anliegen ist es, die Referees dieser Spielklasse in den nächsten Wochen in unregelmäßigen Abständen vorzustellen. Wir setzen unsere Serie mit der Gruppe der „jüngeren Generation“ der Thüringenliga-Schiedsrichter fort. Sie sind zwischen 18 und 26 Jahren alt.

Heute (23): Paul Drößler – nach familiärem Widerstand regiert nun der Stolz

Jörg Drößler, Mitglied im Jugendausschuss des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV), ist sehr stolz auf seine Söhne. Und das mit Recht. Beide sind Schiedsrichter und mit 24 (Johannes) in der Oberliga bzw. 18 Jahren (Paul) bereits in der Thüringenliga angekommen. Und das muss keinesfalls das Ende der Fahnenstange sein.

Aber, ohne dass wir hier Familiengeheimnisse ausplaudern – die ganz große Euphorie brach bei Vater Jörg, den wir am 28.11.19 als neuen Nachwuchsstaffelleiter im Land auf unserer Internetseite vorgestellt haben, nicht aus, als die Söhne über ihre Vorhaben mit dem „Familienoberhaupt“ sprachen.

Verständlich, denn Jörg Drößler, damals Nachwuchstrainer beim FSV Wacker 07 Gotha, wollte gern, dass seine talentierten Jungs weiter Fußball spielen. „Sie waren in ihren Jahrgängen Leistungsträger und für ihre Mannschaften auch vom Charakterlichen her ganz wichtig“, macht sich Jörg Drößler zum Sprecher der anderen Wacker-Übungsleiter, die gleichfalls, um einen Spruch aus dem Mutterland des Fußballs zu verwenden, „not amused“ waren.

Aber Johannes und Paul, um den es in unserem Porträt Nummer 23 geht, verfolgten ihren Weg und mittlerweile stehen nicht nur der Vater, sondern auch die Mutter und die Oma hinter den Schiris mit Namen Drößler.

Paul hat jedoch danach noch länger bei Wacker gespielt und erst vor zwei Jahren die Fußballschuhe an den berühmten Nagel gehangen.

Schon im November 2014 ließ er sich zum Schiedsrichter ausbilden. Da er während des Lehrgangs das 12. Lebensjahr erreichte, durfte er dann auch Spiele pfeifen. Natürlich gibt es einen familiären Grund, dass Paul zu diesem Ehrenamt kam. Sein Bruder war das Vorbild. Dass ein kleiner Nebenverdienst heraussprang, war für den heutigen Zwölftklässler ein weiteres Motiv, Johannes zu folgen.

Die ersten Spiele hat er bei den F-Junioren gepfiffen. Hier war auch sein Papa Trainer. Dann ging es wie bei vielen anderen Kollegen über den Nachwuchs in den Männerbereich des Kreises. Schon in der Saison 2018/19 wurde er bei Sichtungsspielen besonders beobachtet. Karl-Heinz Gläser, der vor kurzem aus dem Verbandsschiedsrichterausschuss (VSA) verabschiedet wurde, Jürgen Muscat und Sandy Hoffmann, beide ebenfalls VSA-Mitglieder, haben sich den jungen Gothaer nicht nur angeschaut, sondern auch viele wertvolle Tipps gegeben. „Die haben mir auf meinem weiteren Weg sehr geholfen“, erklärt Paul Drößler.

In den Dank für die Unterstützung schließt er ausdrücklich auch seinen Coach Günter Supp ein. Der ehemalige Schiedsrichterobmann des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) aus Südthüringen und frühere Spitzenreferee, der auch auf 26 Länderspiele als Unparteiischer blicken kann, begleitet Paul Drößler seit zwei Jahren. „Das ist wirklich super und funktioniert prima“, ist Drößler des Lobes voll.

Gefördert wird der junge Unparteiische seit zwei Jahren auch in der Gruppe der „Rennsteiger“. Die Lehrgänge, über die wir auch immer auf der TFV-Homepage berichten, würden enorm weiterhelfen und seien auch eine sehr angenehme Abwechslung, sagt er und würdigt noch einmal ausdrücklich den ehemaligen „Rennsteiger“ - Chef Peter Weise und seinen Nachfolger Sandy Hoffmann.

Ab der Saison 19/20 war der angehende Abiturient schon Schiedsrichter der Landesklasse. Bereits ein Jahr später dann die Ankunft in der Thüringenliga. Dabei habe er, auch wegen Corona, etwas Glück gehabt, meint er.

Aber Covid-19 wollt es, dass es bislang nur bei einer Spielleitung blieb. Die Begegnung 1. SC 1911 Heiligenstadt – FC Erfurt Nord war am 10.10.20, kurz vor dem erneuten Lockdown seine einzige Partie im Fußballoberhaus. Zusammen mit einem Einsatz im Landespokal und zwei Partien in der B-Junioren-Bundesliga stehen mit Stand 12.02.21 vier Spiele zu Buche.

Zu den Höhepunkten in der noch kurzen, aber schon sehr erfolgreichen Laufbahn des 18-Jährigen mit sechs Spieljahren und rund 300 Begegnungen zählt er das Achtelfinale im Thüringenpokal SV 90 Altengottern – Wacker Nordhausen (1:3 n. V.) am 12.10.19. Hier stand er bei Steven Greif an der Linie. Da gab es auch einen Platzsturm, was Paul zur Bemerkung veranlasst, dass diese Begegnung für ihn ein Lernspiel gewesen sein, aus der man sehr viel habe mitnehmen können. Das Spiel in der Oberliga Nord 19/20 zwischen Tennis Borussia und dem FC Straußberg, wo er ebenfalls Assistent war, ist ihm wegen der Atmosphäre in Erinnerung geblieben.

Gefragt nach den eigenen Stärken kommt von unserem Gesprächspartner diese Antwort: „Ich kann natürlich nicht wie ein Dirk Honnef mit meiner jahrelangen Erfahrung glänzen. Mein Stärke ist es, auf dem Platz Präsenz zu zeigen und den Spielern trotz meines jungen Alters zu zeigen, das ich ‚da’ bin und dass ich auch für sie da bin. Ich will zeigen, dass ich das Spiel mit ihnen gemeinsam gestalten und erfolgreich über die Bühne bringen will. Dennoch gebe ich den Akteuren zu  verstehen, dass der Mann in Schwarz der Chef auf dem Platz ist.“

„Mit 17 hat man noch Träume“, heißt es in einer Schlagerschnulze aus längst vergangener Zeit. Paul Drößler ist ein Jahr älter und der Verfasser hat ihn wie alle anderen zuvor gefragt, was denn seine Träume, respektive Ziele als Schiedsrichter sind. Und wie alle seine Vorgänger ist auch der Youngster in der Schiri-Gilde der Thüringenliga dieser Frage nicht ausgewichen, wobei seine Antwort, das ist der Eindruck des Pressesprechers, eher zurückhaltend ausfällt. Er sagt: „Ich bin erst einmal sehr froh darüber, was ich bisher mit der Thüringenliga, den Spielen in der Junioren-Bundesliga und der Assistenz in der Oberliga erreicht habe. Zwar braucht man auch immer Glück, aber dennoch muss die Leistung stimmen. Ich will mich zunächst erst einmal in der Thüringenliga und Junioren-Bundesliga etablieren und weiterhin Spaß am Pfeifen zu haben.“

Hier passt die Bemerkung von Sandy Hoffmann, dass Paul Drößler eines der größten Talente im Thüringer Schiedsrichterwesen sei. Definitiv ist er das jüngste Unparteiische in der Junioren-Bundesliga, informiert uns der Leiter der „Rennsteiger“.

Im Kreisschiedsrichtersausschuss (KSA) Westthüringen hält er gemeinsam mit Patrick Hoffmann die Fördergruppe am Laufen. Hier geben beide den jungen Leuten viele Hinweise auch in Richtung Land. „Das macht mir viel Spaß“, meint Paul zu diesem weiteren ehrenamtlichen Engagement.

Paul Drößler ist nicht nur am Fußball interessiert. Es sei ein Sportfan, sagt er. Aber er genießt ebenso die Zeit mit der Familie, zu der auch die Oma gehört. Sie habe die Jungs, ehe sie den Führerschein hatten, oft zu den Spielen gefahren.

Gegenwärtig steht Paul als Schüler kurz vor dem Abitur. Bei erfolgreichem Abschluss möchte er gern ein Studium im Lehramt für Grundschulen aufnehmen. Da er zu einer Abschlussklasse gehört, erlebt der junge Gothaer Präsenzunterricht. „Darüber bin ich sehr froh, weil das doch vieles erleichtert“, sagt er.

Denn da ist ja noch die Pandemie. Auch dazu hat Paul Drößler eine Meinung: „Meine Gedanken zu Corona sind sehr zwiegespalten. Einerseits lernt man jetzt erst einmal, die wichtigen Dinge des Lebens zu schätzen. Wir haben den Fußball am Wochenende immer für selbstverständlich gehalten. Doch ich vermisse die Fahrten mit meinen Schiedsrichterkollegen zu den Spielen sehr. Die Lernunterbrechung in der Schule war auch nicht gut. Ich hoffe, dass die Pandemie so schnell wie möglich vorbei geht und alle gesund bleiben. Ich blicke optimistisch in die Zukunft, dass sich alles wieder normalisiert.“

Normalität, was die Hobby der Söhne betrifft, ist im Hause Drößler indes längst eingezogen und, das soll hier noch einmal betont werden, einer berechtigten Freude gewichen.

Die Serie über die Schiedsrichter der Thüringenliga wird am 17.02.21 mit dem Porträt über Anne-Kathrin Steudemann beendet.

Hartmut Gerlach