Verbandsgericht 17. 01. 2019

Verbandsgericht hebt Urteil des Sportgerichts des KFA Nordthüringen auf

Das Verbandsgericht des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) hat sich in einer mündlichen Verhandlung mit einer Berufung der TSG Reinsdorf 1902 beschäftigt. In der ging es um eine Entscheidung des Sportgerichts des Kreis-Fußballausschusses (KFA) Nordthüringen bezüglich der Entscheidung in der Sportrechtssache wegen eines unberechtigt am Spiel der Kreisoberliga Nordthüringen, SpG Reinsdorf - SV BW 090 Lipprechterode (2:2), teilnehmenden Spielers.

Es gab der Berufung der TSG Reinsdorf statt und urteilte, dass das betreffende Spiel wie ausgetragen gewertet wird. Da es sich um einen Fall von allgemeinem Interesse handeln dürfte, hier längere Passagen aus der ausführlichen Begründung der Verbandsrichter:

 „Zunächst stellt das Verbandsgericht fest, dass die formalen Regelungen für die Erteilung eines vorzeitigen Spielrechts in Männermannschaften in § 19 der Spielordnung des Thüringer Fußball-Verbandes sowie in Anlage 5 – Durchführungsbestimmungen vorzeitiges Spielrecht – festgehalten sind. Diese sehen u. a. vor, dass es für eine Erteilung eines vorzeitigen Spielrechts für 17jährige A-Junioren mehrerer Voraussetzungen bedarf. Dieses Spielrecht ist explizit zu beantragen und wird auf dem Spielerpass für den jeweiligen Spieler eingetragen.

Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen unstreitig erfüllt. Dem betroffenen Spieler ist das vorzeitige Spielrecht wirksam erteilt worden.

Das Verbandsgericht sieht in der mangelnden bzw. fehlenden Kommunikation zwischen Stammverein TSG Reinsdorf 1902 und dem Verein VfB Oldisleben im Hinblick auf den Rückzug der A-Juniorenmannschaft des letztgenannten Vereins durchaus ein Verschulden, welche sich der TSG Reinsdorf 1902 mit anrechnen lassen müsste. Hierauf kommt es bei der Entscheidung jedoch nicht an.

Entscheidend ist die „Anlage 5: Durchführungsbestimmungen vorzeitiges Spielrecht, B. Genehmigungsverfahren, (8) Satz 3“, in dem es wie folgt heißt:

'Wird in Vereinen mit A-Junioren diese Mannschaft im laufenden Spielbetrieb zurückgezogen oder nimmt aus sonstigen Gründen nicht mehr am Spielbetrieb teil, erlischt das vorzeitige Spielrecht mit sofortiger Wirkung.'

Der Berufungsführer hat keine eigene A-Juniorenmannschaft. Diese hat lediglich der VfB Oldisleben, für dessen Mannschaft dem Spieler … ein Zweitspielrecht erteilt wurde. Mithin konnte der Berufungsführer auch keine Mannschaft zurückziehen. Die gesamte Regelung in dem vorzitierten (8) ist ersichtlich auf den Fall gerichtet, dass ein Verein eine eigene A-Juniorenmannschaft hat und für einen Spieler dieser Mannschaft ein vorzeitiges Spielrecht erteilt wird. Hier weiß dieser Verein ohne Zweifel um den Rückzug der eigenen A-Juniorenmannschaft.

Für den hier zu entscheidenden Fall (Zweitspielrecht für A-Juniorenmannschaft eines anderen Vereins, vorzeitiges Spielrecht in eigener Herrenmannschaft) existiert offensichtlich eine Regelungslücke. Eine analoge Anwendung auf diesen Fall kommt nach Ansicht des Gerichtes nicht in Betracht. Denn in einer derartigen Konstellation kann - wie im vorliegenden Fall der Berufungsführer - der Verein, für den ein vorzeitiges Spielrecht erteilt wurde, oft gar nicht wissen, dass die A-Juniorenmannschaft des anderen Vereins zurückgezogen wurde oder aus sonstigen Gründen am Spielbetrieb nicht mehr teilnimmt. Hier ist es nicht sach- und interessengerecht, dass das vorzeitige Spielrecht mit sofortiger Wirkung erlischt. Dies trifft beim Spieler … zu.“

Hartmut Gerlach