Ehrenamt 08. 07. 2022

„DFB-Club 100“: Steffen Rothensee – Zivildienst verlieh entscheidenden Schub

Auch beim vierten und damit letzten Porträt der neuen Mitglieder aus dem Gebiet des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) im „DFB-Club 100“ treibt den Verfasser die Frage um, wie jemand zum Ehrenamt kommt. Wir hatten bereits die Fälle einer Ehefrau, die zwar zunächst fußballbegeisterter als ihr Mann war, aber letztlich doch durch den Gatten zur Ehrenamtlerin wurde. Dann gab es den Sportfreund, der über die eigenen Kinder Spaß an der unentgeltlichen Arbeit fand und schließlich war da noch der Mann, der vom Spieler zum Ehrenamtler mit großem Netzwerk wurde.

Vielleicht ist es bei Steffen Rothensee vom VfB Bischofferode eine Mischung aus manchem. Doch den entscheidenden Schub verlieh wahrscheinlich der Zivildienst. Den leistete der gelernte BMSR-Mechaniker, der sich danach zum Sanitär-Techniker weiter gebildet und später durch Ferienarbeit in einer Baufirma landete - heute ist er Betriebsleiter von gleich drei Asphaltmischanlagen - auf dem Sportplatz des Vereins. Gerhard Paschke, damals Vereinsvorsitzender, nahm den 20-Jährigen unter seine Fittiche. Ihm durfte Rothensee über die Schulter schauen. „Ich habe viel von ihm als väterlichen Begleiter gelernt“, sagt der Mann vom VfB 1922 Bischofferode, der, das betont er ausdrücklich, schon immer sein Verein war und bleiben wird.

Doch zu diesem Zeitpunkt hatte er schon viele Jahre als Fußballer hinter sich. Mit sechs Jahren hat der Linksverteidiger bei den Kindern, wie diese Altersklasse zu jener Zeit hieß, begonnen Er hat in allen Nachwuchsaltersklassen gespielt und schließlich auch in der Ersten – hier war es die Bezirksliga, Staffel 7 – und zuletzt in der Zweiten. Mit 32 war Schluss, eine Sportverletzung ließ nicht mehr zu.

Doch neben dem aktiven Fußball hat Steffen Rothensee, was nicht so sehr häufig vorkommt, mit gerade mal 19 Jahren die C-Jugend des Vereins trainiert. Später kamen die 1. Mannschaft, die Frauen und die Bambinis dazu. Da war er schon längst Mitglied des Vorstandes. Mit 25 Jahren zunächst im erweiterten Führungsgremium des VfB, in dem man noch Volleyball spielen und auch Gymnastik betreiben kann, wurde er im Alter von 27 Jahren stellvertretender Abteilungsleiter Fußball. Wiederum vier Jahre darauf wählte man den in Bischofferode Wohnenden zum Abteilungsleiter. Alles in allem waren es rund 16 Jahre. Nun sind es schon wieder sieben Jahren her, seitdem er an der Spitze der Sportgemeinschaft, dessen Ort bis 1993 ein Zentrum des Kali-Bergbaus in Thüringen war, steht. Stolz ist der gesamte Vorstand auf  seine Mitglieder: Es sind 150 Kinder – und Jugendliche und mehr als 120 Erwachsene.

Fast wollte es der Verbandspressesprechern nicht glauben, als unserer Gesprächspartner lächelnd sagte: „Nebenbei bin ich noch Platzwart.“ Das sei, fügt er hinzu, ein Hobby und ein Ausgleich für die Arbeit.

Doch das Größte, was er bisher erreicht habe, war der Bau des Bode-Sportzentrums. „Das habe ich natürlich nicht allein geschafft, sondern in Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister, dem Landrat und auch dem Land.“ Rothensee erklärt das Objekt: „Es ist ein Kunstrasen-Gelände und eine Begegnungsstätte mit einem Jugendclub. Hier findet der Schulsport statt. Man kann kann Beach-Volleyball spielen, wir haben den Kunstrasen und einen Käfig aus Tartan, eine Laufbahn und sogar 217 Sitzplätze.“ Als Dank dafür erzielt der Bischofferöder aus den Händen von Ministerpräsident Bodo Ramelow den Ehrenbrief des Freistaates Thüringen. Ramelow ließ es sich nicht nehmen, den Verein zu seinem 100-jährigen Geburtstag, den man unter anderem mit einem Sportfest feierte, zu besuchen.

Wie bei allen anderen hat der Autor des Porträts Steffen Rothensee die Frage gestellt, warum er ehrenamtlich tätig ist. Das ist seine Antwort:

„Grundsätzlich bin ich reingewachsen. Durch den Zivildienst habe ich Einblick nehmen dürfen, wie ein Sportverein ‚tickt’. Als Fußballer, da bin ich bei Jörg Holland-Letz, macht man sich ja keinen Kopf darüber, woher im Verein etwas kommt. Ich habe dann gesehen, wieviel Arbeit dazu gehört.“

Die wird beim VfB 1922 nicht weniger, denn man wird verkünden, dass Bischofferode mit der 1. und 2. Mannschaft in der kommenden Saison in die Landesklasse bzw. Kreisliga aufsteigen will. Und auch die Integration wird im Verein groß geschrieben. Seit knapp sechs Jahren kooperiert man mit dem Förderzentrum sehr intensiv und viele minderjährige Flüchtlinge sind in den Fußballmannschaften des VfB gut aufgehoben. „Ohne sie wäre ein Spielbetrieb nur schwer vorstellbar. Da bekommen wir sehr viel zurück“, sagt der Vereinschef.

Wenn Steffen Rothensee Freizeit hat, dann gehört das Reisen mit der Partnerin und seinen zwei Töchtern (25 und 19 Jahre) zu den angenehmsten Tätigkeiten. Nicht weniger gern hört er Musik und besucht Konzerte.

Steffen Rothensee wäre als Vereinsvorsitzender und als Hobby-Platzwart sicher der ideale Mann, um einen jungen Mann oder eine junge Frau als Bundesfreiwillige in die „Geheimnisse“ der ehrenamtlichen Vereinsarbeit einzuführen. Bedarf gibt es bestimmt … .

Hartmut Gerlach