Spielbetrieb Junioren 10. 03. 2023

Funktionäre im KFA Ostthüringen trotzten beim Kinderfußbball Kritik und Gegenwind

Der Tipp kam von Thomas Münzberg, Geschäftsführer des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV): „Rede doch mal mit Rainer Müller, dem Jugendobmann des Kreis-Fußballausschusses (KFA) Ostthüringen, und mit Susan Lindenberg, Staffelleiterin der F-Junioren in diesem Kreis. Sie werden dir ihre Erfahrungen zum Kinderfußball erzählen können.

Leider kamen zwei „Präsenztermine“ aus zeitlichen Gründen nicht zustande, aber Susan Lindenberg, übrigens die Schwiegertochter von TFV-Ehrenmitglied Manfred Lindenberg, hat in einem Schreiben an den Verbandspressesprecher ausführlich darlegt, wie sich der Kinderfußball in Ostthüringen entwickelt hat und welche Erfahrungen sie aus diesem Prozess weitergeben kann. Hier ist ihr Text:

„Seit 2019 setzt sich der Jugendausschuss des KFA Ostthüringen mit dem Thema Kinderfußball (Funino) auseinander. Dazu waren Rainer Müller (Jugendausschussleiter) und meine Person am 27.10.2019 zu einem FUNino-Festival des FC Carl Zeiss Jena.

Eingeladen waren an diesem Tag sämtliche Jugendausschussleiter aus den Fußballkreisen in Thüringen. Gefolgt waren an diesem Tag nur zwei Kreise, wobei Ostthüringen mit Rainer Müller, Walther Werner (Qualifikationsausschuss) und Susan Lindenberg (Staffelleiterin F-Junioren) stark vertreten war. Begrüßt wurden wir an diesem Tag von Peter Ott, dem Vorsitzenden des Jugendausschusses des TFV.

Wir konnten an diesem Tag ein gut organisiertes Funino-Festival des FC Carl Zeiss Jena erleben, wobei die Altersklassen E- bis G-Junioren zum Einsatz kamen. An diesem Tag konnte ich mit dem Festivalleiter und Leiter der FCC - Fußballschule Christoph Ackermann erste Kontakte knüpfen. Das Turnier imponierte durch seine Selbstorganisation und die Vielzahl der Kinder, welche hierbei gleichzeitig Fußball spielen konnten. Im Januar 2020 fuhr ich extra nach Jena, um wertvolle Erfahrungen von Christoph Ackermann persönlich zu sammeln und Unterstützung für die Einführung der Spielform in unserem Kreis zu erhalten.

Als Jugendausschuss entschieden wir den Funino-Spielbetrieb (3 gegen 3 mit 4 Toren auf einem Minifußballfeld) ab der Saison 2020/21 parallel zum Ligabetrieb einzuführen. Nun lag es an meiner Person ein Regelwerk dafür zu schreiben und mich um die Einführung zu kümmern. Bereits zur Frühjahrstagung der Nachwuchsleiter am 28.02.2020 stellte ich die Idee und unser Vorhaben dazu vor.

Ab der Saison 2020/2021 gab es parallel zum Ligabetrieb (1:7) in der F-Jugend Funino-Festivals, wobei sich bereits zehn Vereine daran beteiligten. Die Staffeltagung mit den teilnehmenden Vereinen und allen anderen Interessierten führten wir am 28.08.2020 unter Begleitung von Christoph Ackermann durch. Dieser hielt einen wirklich aussagekräftigen Vortrag zu all den Vorteilen für die Entwicklung junger Fußballer durch diese Spielform und eben den Schutz vor Überforderung durch eine unangemessene 1:7 Spielform in diesem Alter.

Zum Auftaktturnier am 03.10.2020 bei meinem Heimatverein SV Blau-Weiß Auma kamen alle beteiligten Vereine und waren von der Einfachheit des Turniers begeistert. Auch an diesem Tag begleitete Christoph Ackermann das Turnier und stellte sich allen Fragen. Leider konnte in dieser Saison aufgrund von Corona-Beschränkungen nur zwei Festivals stattfinden.

Ab der Saison 2021/2022 führten wir mit viel Kritik und Gegenwind von Vereinen den Fair-Play-Modus im Liga-Betrieb und die Spielerzahl 1:5 ein und boten erneut den Funino-Spielbetrieb parallel an. In dieser Saison beteiligten sich lediglich fünf Vereine an den Turnieren, welche aber alle erfolgreich durchgeführt werden konnten.

In der Saison 2022/2023 entschieden wir uns, nur noch den Kinderfußball in Ostthüringen für die F- und G-Jugend anzusetzen und damit nun nach einigem Vorlauf den Empfehlungen zu folgen. Wir führten dazu im Juni 2022 eine Inputveranstaltung für alle interessierten Trainer durch. Der KFA Ostthüringen stellte allen beteiligten Vereinen das Buch von Horst Wein (Vorreiter in der Einführung des Kinderfußballes) „Spielintelligenz im Fußball" zur Verfügung.

Für die Saison 2022/2023 erhielten alle beteiligten Vereine vom TFV eine 4er-Satz Minitore. Aktuell haben wir 27 Festivals in Ostthüringen gespielt. Für die Rückrunde sind weitere 29 Festivals geplant, wobei wir auf Nachfrage der Trainer auch den Modus 5 gegen 5 anbieten.

Für die Einführung haben wir neben eine wachsenden Begeisterung auch viel Kritik und Gegenwind einstecken müssen, wurde aber nicht müde, an dem Thema dran zu bleiben und den Sinn dahinter begreiflich zu machen. Es geht eben nicht darum zu spielen, was schon immer gespielt wurde, sondern neue und sinnvolle Konzepte für Kinder einzuführen.

Dazu schrieb ich schon zum Beispiel an die Trainer: „Persönlich bin ich absolut davon überzeugt, dass man bei einer Auseinandersetzung mit diesem Thema den Sinn dahinter begreift. Es gab in der Vergangenheit in unserem Fußballkreis stets sehr viel Kritik, wobei wir jedes Mal dazu angehalten haben, dass die Trainer tatsächlich Verantwortung für die ihnen anvertrauten Kinder übernehmen und sich mit dem Thema auseinandersetzen, ohne sofort in Kritik und Ablehnung zu verfallen!!!

Im Kinderfußball orientieren sich die Spielstärke und die Größe des Feldes am Entwicklungsstand der Kinder und nicht daran, was schon immer so gemacht wurde bzw. daran, was die Trainer gewöhnt sind. Denn darüber, was gut für die Kinder ist, existieren unterschiedlich Meinungen.

Ein Spiel, dass für Sechsjährige übersichtlich gestaltet ist, mehr Ballkontakte bietet und somit für den Einzelnen mehr Anteile am Spiel, kann nicht verkehrt sein. Im Gegenteil sind es die früheren Kleinfeldspiele, in welchen Kinder mitunter keinen Ball sehen oder in 40min 3x am Ball waren oder gar nicht eingesetzt werden, weil das Ergebnis auf der Kippe steht. Der „hart" erkämpfte Ball, den ein Kind, welches sonst selten am Ball ist. eben nicht in ein Tor verwandelt - die Kritik, welche es von den Mitspielern hagelt, die fehlende Chance es wieder gut zu machen. Ein Kind, das auf seiner "Position" verharrt, weil es der Trainer gesagt hat und nicht, weil es den Sinn dahinter versteht. Und deren Beispiele gibt es noch mehr.

Für den Entwicklungsstand der Kinder (zumindest des größten Teils davon) ist das gesamte Kleinfeld eine Überforderung, aber Kinder funktionieren und passen sich den Gegebenheiten an. Sollte sich das Spiel nicht den Kindern anpassen? Für große Räume ist noch Zeit genug, wenn sie älter werden. "

Die Einführung des Kindesfußballes bietet sicherlich viele, vor allem organisatorische Herausforderungen, wenn es um Spielplanerstellung und Festivalaufbau geht. Nach der Durchführung zahlreicher Festivals kann ich aber sagen, dass sich mit Übung der Aufwand minimiert und sich für die Kinder lohnt. Minitore werden von den anreisenden Vereinen mitgebracht und nach Markierungen aufgebaut. Die Kinder lernen schnell selbst zu entscheiden und fair miteinander umzugehen. Einen Schiedsrichter braucht es nicht, sondern wohlwollende und die Kinder gut vorbereitende Trainer.

In einem Eineinhalb-Stunden-Turnier mit sechs Mannschaften werden über 100 Tore geschossen, jedes Kind ist in Aktion. Es geht nicht um Ergebnisse, sondern um die Fußballentwicklung der Kinder. Das Turnier ist selbstorganisierend nach dem Kaiserturniermodus. Bei durchnummerierten Plätzen steigt in einer Partie das Gewinnerteam einen Platz auf und das Verliererteam einen Platz nach unten. So dass es immer neue Zusammensetzungen gibt und sich die Kinder nach ihrem Leistungsniveau einspielen.“

Susan Lindenberg/Hartmut Gerlach