Thüringen Pokal 19. 05. 2022

In zwei Tagen Finale im Thüringen Pokal: Brüder-Duell der Bürgers ist möglich

Wie Sie das seit Jahren kennen, gibt es auch vor dem diesjährigen Endspiel, es ist das 31. im Thüringen Pokal der Männer des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV), am 21.05.22 um 14.15 Uhr im „Stadion der Freundschaft“, Gera, einen Countdown. Den setzen wir am heutigen Donnerstag (18.05.22) mit dem Blick auf ein mögliches Brüder-Duell fort.

Wenn die Spieler der FC Carl Zeiss Jena und des ZFC Meuselwitz am Samstag einlaufen, dann könnten auch zwei Brüder in den Mannschaften stehen. Auf der einen Seite Leon, der für den FC Carl Zeiss kickt, und auf der andren Luca, Spieler beim ZFC.

Da stellt sich die Frage, ob es in der 31-jährigen Geschichte der Pokalendspiele des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) schon einmal eine solche Konstellation gab.

Wer könnte besser eine Antwort geben als Andreas Kästner. Der Sömmerdaer verfügt über ein riesiges Archiv und nutzt das sehr gern für die Vorschauen auf Spiele der Thüringenliga und auch in seiner Eigenschaft als Mitglied der Arbeitsgruppe (AG) „Archivierung im TFV“. Und Kästner hat recherchiert und herausgefunden, dass es in sechs Pokalendspielen Namensvetter in den Mannschaften gab. Doch die waren alle keine Brüder. Wir werden diese kleine Übersicht vom „Chefstatistiker im TFV“ später veröffentlichen.

Aber schauen wir nun auf die Bürger Brüder, auf Luca mit 25 Jahren der Ältere, und auf Leon (22). Der TFV-Pressesprecher hat beide in Meuselwitz (Luca) bzw. Jena (Leon) besucht und interessante Gespräche geführt. Die geben wir hiermit unter verschiedenen Überschriften wieder:

Der Weg zum Fußball

Luca (erstes Foto)

„Ich konnte gerade mal laufen, da habe ich mit dem Fußball begonnen. Das ist uns wohl in die Wiege gelegt worden. Und dann sind wir immer da, wo Papa gespielt hat, mit hingezogen.“

Leon (zweites Foto)

„Wir sind eine Fußballerfamilie. Meine Mama hat mich schon mit sechs, sieben Monaten mit ins St. Pauli Stadion genommen. Ich selbst habe mit vier, fünf Jahren begonnen, in Jena Fußball zu spielen und mich für diese Sportart, sicher auch noch durch meinen Papa, begeistert.“

Im Club und anderswo

Luca

„Mit zehn Jahren sind wir nach Jena gezogen und ich habe beim FC Carl Zeiss in der E-Jugend begonnen. Dann habe ich den ganzen Nachwuchs im Club durchlaufen, habe mit den A-Junioren in der Bundesliga gespielt und kam dann für ein Jahr in die 1. Mannschaft. Dann erhielt ich die Möglichkeit zu Schalke 04 zu wechseln. Doch hier lief es sportlich nicht gut. Wir sind abgestiegen, ich hatte wenig Einsätze und war unzufrieden. Deshalb bin ich nach Thüringen zurück und spiele seit der Saison 2017/18 in Meuselwitz.“

Leon

„Seitdem Papa hier in Jena ein Haus gekauft hat, ist das unsere Heimat. Aber ich bin dann mit 14 Jahren nach Wolfsburg gezogen und habe ab 2014 beim VfL gespielt. Hier habe ich im Internat gewohnt und eine gute Ausbildung genossen.

Dann folgte der 2016 der Wechsel zu Eintracht Braunschweig. Hier habe ich im zweiten U19 Jahr schon bei den Profis mittrainiert. Ich habe recht schnell einen Profivertrag unterschrieben und drei Jahre in der 1. Mannschaft in der 2. Bundesliga gespielt. Doch die Zeit verlief nicht erfolgreich, denn ich habe wenig gespielt.

Deshalb habe ich, um wieder auf dem Platz zu stehen und wieder Spaß zu haben – der ist leider in Braunschweig ‚flöten’ gegangen -, einen Schritt zurück gemacht und bin zum FC Carl Zeiss gegangen. Mein Gedanke war, einen Schritt zurück und zwei nach vorn zu gehen.“

Vorzüge und Reserven

Luca

Meine Stärke liegt in meinem linken Fuß. Damit kann ich gut schießen, flanken und Standards ausführen. Auch das Passspiel ist gut. Reserven sind mein rechter Fuß und auch die Athletik.“

Leon

Ich habe eine gute Technik und kann gut mit dem Ball umgehen. Das liegt an meiner Grundausbildung in Wolfsburg. Zudem bin ich laufstark, Ich versuche in Jena den Spielaufbau zu gestalten und Spielmacher zu sein. Reserven habe ich in der Verbesserung des linken Fußes. Auch das Kopfballspiel könnte besser sein und in der Defensivarbeit kann ich noch zulegen.

FC Carl Zeiss Jena und ZFC Meuselwitz - nicht nur zwei Vereine

Luca

„Ein Grund für den Wechsel nach Meuselwitz war, dass ich hier eine Ausbildung machen konnte. Die habe ich, obwohl sie eigentlich drei Jahre dauert, schon nach zwei Jahren abgeschlossen und seitdem bin ich Groß – und Einzelhandelskaufmann. Ich arbeite 20 Stunden in der bluechip AG und der Rest gehört dem Fußball. Diese Möglichkeit wird meiner Meinung viel zu wenig genutzt. In diesem Jahr gehen bei uns Nils Miatke und Dominik Bock diesen Weg.“

Leon

„Die Zeit hier ist wunderschön. Ich habe hier meine Familie und Freunde – Jena ist meine Heimat, hier bin ich aufgewachsen. Ich bin mental auf einer ganz anderen Schiene als in Braunschweig. Sportlich ist es natürlich bitter, wir hätten hier und da einfach mal einen Punkt mehr holen müssen. Ich habe in Braunschweig mein Fachabitur gemacht und habe danach nur zwei Jahre Fußball gespielt. Nach dem Aufstieg in die 2. Liga blieb auch keine Zeit für andere Dinge. Seit einem halben Jahr absolviere ich jetzt ein Fernstudium in der Fachrichtung Immobilienmanagment. Das dauert noch zwei Jahre. Ich wollte einfach noch etwas machen, damit man nicht ‚verblödet’, wenn man nur trainiert. Man muss auch mal etwas für den Kopf machen.“

Vorfreude

Luca

„In der Regionalliga haben wir im ersten Spiel 21/22 zwischen Meuselwitz und Jena eigentlich nur kurze Zeit gegeneinander gespielt denn ich wurde ein- und Leon ausgewechselt. Beim zweiten Mal standen wir gar nicht auf dem Feld.

Ob wir im Pokalfinale auflaufen, entscheiden natürlich die Trainer. Ich habe nach einer langen Durststrecke jetzt wieder gespielt. Jetzt habe ich beim 6:0 das Vertrauen des Trainers wieder erhalten. Ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn ich zum Einsatz käme. Bei Leon ist die Wahrscheinlichkeit höher, denn er ist ja absoluter Stammspieler.“

Leon

„Unsere ganze Familie freut sich auf das Spiel und wird sicher vor Ort sein. Luca und ich telefonieren täglich und wir hoffen, dass wir beide länger auf dem Platz stehen; Es wird ein cooles Event werden, das hoffentlich für uns, für Jena, gut ausgeht. Ich denke, dass unser Vater in diesem Fall neutral ist.“

Das Verhältnis der Brüder

Luca

„Dadurch, dass Leon vor einem Jahr von Eintracht Braunschweig zurückgekommen ist, ist unser Kontakt wieder sehr viel enger. Darüber sind wir beide sehr glücklich und haben ein sehr enges Verhältnis. Leon kommt oft zu uns nach Leipzig und dann unternehmen wir gemeinsam etwas. Durch die Arbeit habe ich nicht ganz so viel Zeit und bin eher selten in Jena.“

Leon

„Mein Bruder ist auch mein bester Freund. Wir haben täglich Kontakt. Als ich in Braunschweig war, haben wir uns nicht so oft gesehen. Das war sehr schade. Doch jetzt holen wir diese Zeit, die wir ein wenig verpasst haben, nach. Ich bin wöchentlich bei ihm in Leipzig und er ist auch manchmal hier in Jena.“

Sportliche Zukunft

Luca

„Wenn ein Angebot aus einer höheren Liga kommt, nimmt man es sicher gern wahr. Das ist ja das Ziel von allen. Jeder, der etwas anderes sagt, würde lügen. Aber Regionalliga ist schon eine gute Adresse, zumal es beim ZFC die Möglichkeit für eine Ausbildung oder Arbeit gibt. Deshalb bin ich auch schon fünf Jahre nicht ohne Grund hier und weiß hier auch alles, auch die Sportanlage, zu schätzen.“

Leon

„Es ist noch offen, wohin es in der nächsten Saison für mich geht. Es wäre schade, das hier wieder aufzugeben. Aber letztlich muss man auch auf das Sportliche schauen. Als Fußballer will man natürlich so hoch wie möglich spielen. Man muss Gespräche führen, Wenn es passt, dann passt es. Wenn nicht, dann eben nicht. Aber es ist auf jeden Fall nicht ausgeschlossen, dass ich ein weiteres Jahr hier bleibe.“

Der Vater – Henning Bürger

Immer wieder tauchte in den Antworten von Luca und Leon der Vater auf. Hennig Bürger war auch Fußballer und das auf hohem Niveau. Denn der gebürtige Zeulenrodaer, der bei der BSG Motor und dann beim FC Carl Zeiss Jena das Fußballspielen erlernt hat, spielte im Nachwuchs des Clubs, bei Wismut Gera, Schalke 04, Saarbrücken, dem 1. FC Nürnberg, FC St. Pauli, Eintracht Frankfurt und am Karriereende 2004/05 beim FC Rot-Weiß Erfurt.

Als Trainer war er bei Carl Zeiss (U19 und 1. Mannschaft), FC Ingolstadt (Co-Trainer), Eintracht Braunschweig II, VFL Wolfsburg (U17, U19 und 2. Mannschaft) tätig. Ab dem  01.07.22 fungiert Henning Bürger als Leiter der Nachwuchsleitung des FC Carl Zeiss.

Seine Söhne haben sein Gen, wie beide unisono sagen. Sicherlich können sich noch viele an die Jahre Henning beim FC Carl Zeiss erinnern. Denn immerhin hat er 53 Spiele in der DDR-Oberliga bestritten und war 1989 sogar Mitglied der DDR-Olympiauswahl. Über ihn sagt Torsten Scherer, der vielleicht treueste und engagiertesten Fan der Jenaer: „Henning Bürger  war ein Linksfuß mit viel Offensivdrang.“

Hartmut Gerlach