Im "DFB-Club der 100": postume Aufnahme von Gabriele Scheuerl in den „DFB-Club der 100“

Dass Eltern Kontakt zu einem Verein bekommen, wenn sie ihr Kind zum Training oder zum Wettkampf begleiten, ist eine nicht ganz unbekannte Erkenntnis. So war es auch bei Gabriele Scheuerl. Sie brachte Sohn Kay-Uwe zum SV Blau-Weiß 90 Neustadt/Orla. Doch beim Bringen oder Zuschauen, wenn der Filius spielte, beließ sie es im Gegensatz zu vielen anderen Erziehungsberechtigten nicht. Und schon das machte sie zu etwas Besonderem!

Gabriele Scheuerl, am 23. Mai 1950 geboren, packte mit an. Rasch hatte sie im Verein, der ca. 440 Mitglieder umfasst und in dem Fußball, Badminton und Tischtennis gespielt werden können, ihre Aufgaben gefunden. Sie war, so der Vorstand des SV Blau-Weiß 90, die „gute Seele“ im Vereinsbüro. Konkret verwaltete sie die Mitgliederstruktur, kümmerte sich um das Passwesen und die Beiträge und zeichnete für das Rechungswesen verantwortlich. Zudem bestellte sie alles, was so eine Sportgemeinschaft benötigt. Vieles war auch „Schriftkram“, den niemand in einem Sportverein wirklich gern macht.

Zu den Bürozeiten konnte man, wenn man ein Problem hatte, gern zu ihr kommen. Schnell sprach sich herum, dass Gabriele auch eine verschwiegene Ansprechpartnerin war. Und wenn außerordentliche Vereinsaktivitäten auf dem Programm standen, ging sie vorneweg. Bei der Organisation von Jugendcamps konnte man immer auf ihre Hilfe zählen.

Selbst bei Auswärtsfahrten begleitete sie die blau-weißen Mannschaften. Bei Heimspielen stand sie zumeist hinter der einheimischen Trainerbank. Wenn das Temperament mit ihr durchging, sagte Kai-Uwe Scheuerl (53), früher ein gefürchteter Torjäger mit Spitznamen „der Schmale“ und mittlerweile Co-Trainer der Ersten, die in der kommenden Saison wieder in der geomix Thüringenliga spielt, schmunzelnd: „Mutter, die Trainerbank ist vor dir…“. Geholfen hat es meist nicht sehr viel, denn sie war, auch als Kay-Uwe in Pößneck in der Oberliga spielte, mit viel Engagement und nicht zu überhören bei der Sache und an der Seite der Mannschaften von Neustadt/Orla.

Dass wir über die ehrenamtlichen Verdienste von Gabriele Scheuerl in der Vergangenheit schreiben müssen, hat einen sehr, sehr schmerzlichen Hintergrund. Am 9. Februar 2023 erlag sie im Hospiz in Jena einer bösartigen, unheilbaren Krankheit. Die hatte man 2017 bei einem Routineeingriff entdeckt. Es spricht für diese Frau, dass sie fast sechs Jahre damit umgegangen ist und ihr Ehrenamt weiter ausgefüllt hat. Vielleicht haben ihr neben dem Sohn, der bis zuletzt für sie da war und sie gepflegt hat, auch ihre drei Enkel Bendix, Robin Lee und Maxim – natürlich alles Fußballer in Neustadt - dazu beigetragen, dass ihr Lebensmut erst in den letzten, ganz, ganz schweren Wochen – Kay-Uwe Scheuerl hat das im Gespräch mit dem Verbandspressesprecher sehr plastisch geschildert - ein Stück weit erlosch. Mit den Enkeln  hat sie auch ihren letzten Urlaub an der Ostsee verbracht.

„Meine Mutter hätte sich über die Aufnahme in den ‚DFB-Club der 100’ sehr gefreut“, sagt unser Gesprächspartner. Auch ein Grund für den SV Blau-Weiß 90 Neustadt/Orla und den Kreis-Fußballausschuss (KFA) Jena-Saale-Orla, den Vorschlag nach dem Tod von Gabriele nicht zurück zu ziehen. Und auch der Vorstand des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) war dafür, Gabriele Scheuerl postum zu ehren.

Hartmut Gerlach