Schiedsrichter 21. 01. 2021

Schiedsrichter der Thüringenliga im Porträt (17)

Unser Anliegen ist es, die Referees dieser Spielklasse in den nächsten Wochen in unregelmäßigen Abständen vorzustellen. Wir setzen unsere Serie mit der Gruppe der „mittleren Generation“ der Thüringenliga-Schiedsrichter fort. Sie sind zwischen 29 und 34 Jahren alt.

Heute (17): Niklas Milczewski – nach einem Spiel war Schluss

Als Niklas Milczewski am 27.09.20.die Partie zwischen dem FSV 06 Ohratal und dem SV Eintracht Eisenberg (0:1) pfiff, da konnte der gebürtige Niedersachse aus Wingerode unweit von Duderstadt nicht ahnen, dass der Premiere in der Thüringenliga für längere Zeit kein weiteres Spiel folgen sollte. Der Grund dafür waren nicht leistungsmäßiger Art. Vielmehr hatte Corona dem Amateurfußball zum zweiten Mal die Rote Karte gezeigt. Der Lockdown hält jetzt schon fast drei Monate an und ein Ende ist derzeit nicht abzusehen.

Dabei suchte Milczewski mit seinem Wechsel vom Niedersächsischen Fußballverband (NFV) in den Thüringer Fußball-Verband (TFV) als Schiedsrichter nach eigenem Bekunden eine neue Herausforderung.

Niklas Milczewski ist seit 15 Jahren Schiedsrichter und gehörte bis zum Ende der letzten Saison noch dem benachbarten Verband an, Die Ausbildung 2006 zum Schiedsrichter war, wie wohl bei manch anderem, zunächst mit dem Ziel verbunden, das Taschengeld aufzubessern. „Ich konnte die Tätigkeit als Schiedsrichter gut mit meiner Leidenschaft für den aktiven Fußball verbinden“, blickt der 29-Jährige auf seine Anfänge zurück.

Dennoch ging es rasch steil nach oben und bereits mit 19 Jahren hatte er die Oberliga erreicht. Zudem pfiff er Spiele in der Junioren-Bundesliga und kam hier und später in der Regionalliga Nord als Assistent zum Einsatz.

Vor zwei Jahren entschied er sich, nach sieben Jahren in der 5. deutschen Liga nun den Schwerpunkt auf die berufliche Entwicklung zu legen und machte im Schiedsrichterwesen einen Cut. „Die Fahrten in der Oberliga waren recht weit und führten schon mal bis nach Flensburg. Ich wollte einem jungen Referee die Tür öffnen, ganz nach oben zu kommen“, begründet Milczewski seinen damaligen Entschluss. Er habe sich danach ein neues Betätigungsfeld gesucht. „So fahre ich nun nach Jena, Gera oder Weimar statt nach Hannover, Braunschweig und Bremen und das ist vielleicht sogar etwas besser, auch wenn die Autobahnstruktur nicht optimal ist.“

Beruflich ist Niklas Milczewski seit einigen Jahren in Thüringen tätig, nämlich in der Kreissparkasse Eichsfeld. Hier arbeitet der Betriebswirt mit dem Schwerpunkt Finanz - und Rechungswesen sowie Steuern, der von 2014 bis 2017 in Göttingen studiert hat, seit zweieinhalb Jahren als Hauptbuchhalter und stellvertretender Abteilungsleiter. Auch seine Ausbildung hat er 2014 in diesem Geldinstitut abgeschlossen.

Das persönliche Highlight in seiner Laufbahn war das A-Junioren-Halbfinale zwischen Schalke 04 und der TSG Hoffenheim. Und das hauptsächlich wegen der Kulisse. Immerhin 20.000 Zuschauer waren damals erschienen. Das kenne man sonst kaum als Schiedsrichter, sagt er und so sei die Konzentration noch ein Stück weit höher gewesen als sonst. Aber er hat noch mehr positive Erinnerungen: „In den vergangenen Jahren war ich als Schiedsrichter in verschiedenen Ländern bei Jugendturnieren aktiv. (Göteborg - Gothia Cup; Aalborg - Norhalne Cup, Oslo - Norway Cup, Zypern - Ayia Napa Easter Cup). Spiele mit Mannschaften unterschiedlicher Nationalitäten und damit auch unterschiedlichen Spielweisen faszinieren mich immer wieder aufs Neue und sind immer eine Herausforderung Wert. Das Beste war aber, dass man auch in internationalen Gespannen gepfiffen hat. Der Austausch mit Schiedsrichtern anderer Länder besteht bis heute an und es sind dadurch langfristige Freundschaften über die nationalen Grenzen hinweg entstanden. Frei nach dem Motto: Fußball (Schiedsrichterei) verbindet.“

Auch wenn er keine eigene Statistik über seine Spiele führt, schätzt er, dass die Zahl in den knapp 15 Jahren bei ca. 50 Partien pro Jahr ungefähr bei 900 liegt. Durch das DFBnet wird das Erfassen der Begegnungen nun deutlich erleichtert.

Womit es Zeit für die Frage nach den eigenen Stärken ist. Niklas Milczewski gibt dazu dies zu Protokoll: „Am besten können das natürlich die Leute bewerten, die einen beobachten, Wenn man sich selbst einschätzt, denkt man vielleicht zuerst an die Schwächen. Aber ich bin ein sehr kommunikativer Schiedsrichter, bin dem Spiel sehr nahe und versuche, mich auch in die Spieler hineinzuversetzen. Ich fühle mich als Begleiter und Unterstützer und will das Spiel nicht zerstören. Außerdem bin ich niemand, der von oben herab pfeift. Die Kernkompetenz eines Schiedsrichters muss seine schnelle Entscheidungsfreudigkeit sein. Damit hat er auch Akzeptanz bei den Spielern.“

Sein Ziel sei es, sich im neuen Umfeld weiter zu verbessern. Wenn die Leistungen mit einem Aufstieg in die Oberliga belohnt würden, wäre das gut. Er gehe davon aus, dass in Thüringen, wo nach erstem Empfinden etwas körperlicher als in Niedersachsen gespielt werde, die Beobachter einen anderen Fokus auf das Leiten von Spielen als in Niedersachsen hätten und auf Dinge hinweisen, die er vorher noch nicht kannte.

Niklas ist verheiratet und wohnt in Mingerode in der Nähe von Duderstadt. „Ich trainiere selbst noch beim SV Blau-Weiß Brehme und spiele mit, wenn es mein Amt als Schiedsrichter erlaubt. Das ist von Vorteil, da kennt man die Reaktionen von Spielern und Trainern noch etwas besser. Außerdem reise ich gern und bin in einem Verein in Niedersachsen im Vorstand für die Finanzen zuständig“, gibt er weitere Auskünfte über sich. Er habe jetzt, da der Fußball ruht, das Laufen für sich entdeckt. Sein Ziel ist es, einmal an einem Halbmarathon teilzunehmen.

Corona hat, so sieht es Niklas Milczewski, für eine Situation gesorgt, die kein Mensch haben wollte. Wörtlich sagt er: „Die Pandemie ist eine Belastung für die Gesellschaft. Aber die Zeit bietet auch die Möglichkeit, einmal etwas, wenn man an den Fußball denkt, ‚herunter zu kommen’ und abzuschalten. So stehen nach den vielen Jahren als Schiedsrichter auch einmal andere Dinge, die vielleicht in der Vergangenheit etwas zu kurz gekommen sind, im Mittelpunkt, Aber das Kribbeln kommt schon wieder und man hofft, dass es bald wieder mit dem Fußball losgeht.“

Damit ist auch der Wunsch des Schiedsrichterzugangs verbunden, dass dem ersten Spiel in Ohrdruf noch viele Thüringenligabegegnungen folgen mögen.

Die Serie über die Schiedsrichter der Thüringenliga wird am 25.01.21 mit dem Porträt von Marcel Rauner fortgesetzt.

Hartmut Gerlach