Sportgericht 28. 12. 2020

Schiedsrichter der Thüringenliga im Porträt (9)

Heute(9): Steffen Krech – Pädagogik hilft auch beim Fußball

Die Initiative, Schiedsrichter zu werden, ist im Gegensatz zu den meisten anderen Kollegen dieser Zunft von Steffen Krech selbst ausgegangen. Der 35-Jährige erläutert am Telefon, wie es vor 14 Jahren dazu  kam, dass er das runde Spielgerät mit der Trillerpfeife tauschte: Als Nachwuchsübungsleiter beim SV Wernshausen musste er häufig bei Partien seiner Mannschaft als Unparteiischer fungieren. „Ich habe daran Gefallen gefunden und auch bei anderen Teams aus unserem Verein gepfiffen. Irgendwann kam ich dann zu dem Entschluss, Schiedsrichter zu werden, zumal ich in der 2. Kreisklasse fußballerisch an meine Grenzen gestoßen bin.“

Er habe sich dabei von Mike Ronis (Steinbach-Hallenberg), der damals schon recht erfolgreich und für ihn ein Vorbild war, inspirieren lassen „2005 habe ich unserem Abteilungsleiter Bruno Marquardt gesagt, dass ich gerne Schiedsrichter werden würde. Doch er hat das wohl so ernst genommen und so ist die Sache zunächst im Sande verlaufen.“. Ein Jahr später, 2006, habe er sich schließlich selbst zu einem Lehrgang angemeldet und bei Sandy Hoffmann und Mike Ronis im Dezember 2006 die erfolgreiche Ausbildung absolviert. 2007 startete er dann in das Ehrenamt Fußballschiedsrichter.

Wenn man rasch nach „oben“ kommt, ist das ein Zeichen für eine hohe Qualität als Referee. Die bewies Krech sowohl bei seinen Kurzaufenthalten in der Kreisklasse (2007/08) als auch der Kreisliga (09/10), Regionalklasse (09/10) und der Landesklasse (2010/11). Dass es dann bis acht Jahre dauerte, ehe er das Fußballoberhaus des TFV erreichte, hat vor allem etwas mit der Leistungsdichte im oberen Drittel der Landesklasse zu tun. Das sagte uns Sandy Hoffmann, Mitglied des Verbandsschiedsrichter-Ausschusses (VSA) und Verantwortlicher für die Fördergruppe „Rennsteiger“. Aber Krech habe geduldig auf seine Chance zum Aufstieg, obwohl in manchem Jahr dazu nicht viel fehlte, gewartet. „Er ist ein ehrlicher, zuverlässiger und geradliniger Typ, der sich sehr engagiert und eine feste Größe in der Gruppe der Thüringenliga-Schiedsrichter ist“, lobt Hoffmann seinen Südthüringer Kollegen, der nicht weit von ihm sein Zuhause hat. Hoffmann wird, wenn nach Unterstützern und Förderern am Beginn seiner Laufbahn gefragt wird, von Krech ebenso genannt wie Felix Anger, gleichfalls ein ehemaliger Thüringer Referee in höheren Spielklassen.

In der Thüringenliga hat sich Steffen Krech durch seine ruhige Art selbst in hitzigen Situationen rasch die Achtung der Spieler und Trainer erworben. „Als Lehrer verfügt man schon über die eine oder andere pädagogische Möglichkeit, die Dinge vernünftig zu lösen“, sieht er die Verbindung zwischen Beruf und Schiedsrichtertätigkeit. Am Anfang habe das Pfeifen ihm für seine Tätigkeit im Klassenzimmer geholfen. Jetzt greift der Pädagoge auf seine Erfahrungen in diesem Metier auf dem Platz zurück.

Nach dem Abitur 2004 in Schwallungen und dem Zivildienst in einem Kindergarten hatte der gebürtige Wernshäuser ein Lehramtsstudium für Geschichte und Sozialkunde in Erfurt begonnen. Das unterbrach er 2009 für ein Auslandssemester in Finnland. 2011 dann der Studienabschluss und die Referendarzeit an einer Regelschule in Trusetal. Hier unterrichtet er mit Ausnahme eines kurzen Intermezzos 2013 in Hessen heute immer noch, wobei Krech selbst junge Lehrer am Seminarschulverbund Hildburghausen ausbildet und sogar fachfremd in Mathematik  eingesetzt ist. Mittlerweile wohnt der zweifache Vater mit seiner Lebensgefährtin in Fambach.

Welche Spiele sind Steffen Krech, der nach Jahren bei Schwarz-Weiß Fambach nun wieder für den SV Wernshausen pfeift, vor allem in Erinnerung geblieben? Hier nennt er die Oberligabegegnung Germania Halberstadt – Sachsen Leipzig (3:0) am 29.05.2011. Zu der reiste er als Assistent mit Torsten Jauch. Die gesamte Geschichte zum Spiel vor fast 1.400 Zuschauern würde den Rahmen deutlich sprengen. Nur soviel: Es gab einen Platzsturm der  rund 250 Fans von Leipzig, der geplant war, von dem die Polizei und auch der NOFV-Sicherheitsbeauftragte, der die Schiedsrichter in der Halbzeit warnte, wussten. Aber die Ordnungshüter konnten ihn nicht verhindern, sorgten aber dann dafür, dass die Anhänger des Absteigers wieder zurückgedrängt wurden und die Partie zu Ende gespielt werden konnte.

Deutlich weniger aufregend, dafür fußballerisch gut und von vielen Besuchern (500 bzw. 800) umrahmt, waren das Spiel der Regionalklasse 8 zwischen dem Herpfer SV 07 und dem VfL Meiningen 04 (5:1) am 23.10.19 und das in der Verbandsliga Hessen zwischen dem FC Eichenzell und dem SV Buchonia Flieden (1:3) am 10.08.19. Aber natürlich hätte er auch noch manch anderes Spiel nennen können.

Das erste Match das er in der Thüringenliga, leitete, war das zwischen dem SG 1. FC Sonneberg 04 und dem SV 09 Arnstadt (2:1) zu ungewöhnlicher Anstoßzeit an einem Samstagabend um 18 Uhr (17.08.19).

Ambitionen, in die Oberliga aufzusteigen, hat Steffen Krech, der auf etwas mehr als 600 Spiele als „Chef“ oder and der Linie zurückblicken kann, nicht mehr: „Mein Ziel ist es vielmehr, den Leistungsstand zu halten und jede Begegnung bestmöglichst zu leiten. Und ich will auch weiter Spaß am Pfeifen haben. Aber es wird in meinem Alter nicht noch mal in eine höhere Leistungsklasse gehen. Man spricht in so einem Fall ja auch gern vom ‚Schiedsrichter ohne Perspektive’.“

Das hält ihn aber nicht von weiteren Ehrenämtern ab. So ist Krech Abteilungsleiter Fußball beim SV Wernshausen. Der Verein, der einige Jahre mit BW Fambach eine Spielgemeinschaft bildete, hat 2018 wieder mit dem eigenen Spielbetrieb begonnen und nach drei Aufstiegen in Folge nun die Kreisoberliga erreicht. Natürlich steht einem Sozialkundelehrer auch eine Tätigkeit in der Kommunalpolitik gut. Zunächst war es die als Stadtrat in Schmalkalden, jetzt die als Gemeinderat in Fambach.

Von 2011 bis 2016 hat er auch die Nachwuchsfördergruppe im Kreis-Fußballausschuss (KFA) Rhön-Rennsteig geleitet und konnte hier jungen Leuten wie Chris Hollandt, Christopher Wittler, Lukas Riedel, Max Storch, Felix Köhler, Patrick Beck und Jan Weltzien zum Aufstieg ins Land verhelfen. Noch heute ist er als Pate im Kreis aktiv und unterstützt junge Unparteiische.

Wie bei allen anderen, mit denen der Verbandspressesprecher bisher im Rahmen der Schiedsrichter-Porträt-Serie gesprochen hat, bedeutet die Auszeit durch Corona auch für Krech eine stärke Besinnung auf die Familie. „Das ist natürlich schön, aber andere verwandtschaftliche Kontakte sind jetzt leider eingeschränkt. Mir hatte zwar im ersten Lockdown wenig gefehlt, aber als wir wieder zu den Fußballspielen fuhren und die Bekannten trafen, war das schon sehr gut. Es ist ein Hobby, das Spaß macht und bei dem man sich bewegt. Im der Schule nervt jedoch das Homeschooling, weil auch die Schulcloud noch nicht so funktioniert.“

Aber Steffen Krech ist trotz aller momentanen Widrigkeiten ebenso gern Lehrer wie Schiedsrichter, zumal die Pädagogik ein verbindendes Element ist.

Wird fortgesetzt

Hartmut Gerlach