Sportgericht 04. 11. 2019

Urteil im Köstritzer Thüringen Pokal

Das Sportgericht des Thüringer Fußball-Verbandes (TFV) hat sich in einer mündlichen Verhandlung am 09.10.19 mit diskriminierender Äußerungen - „Juden Jena“ - eines Fans der BSG Wismut Gera gegenüber Spielern der Heimmannschaft nach Spielende des Spiels der 1. Hauptrunde um den Köstritzer Thüringen Pokal am 09.08.2019, FC Thüringen Jena gegen BSG Wismut Gera, beschäftigt.

Im Ergebnis der Verhandlung wurde dieses Urteil, das mittlerweile Rechtskraft hat, gesprochen:

Der Betroffene wird gemäß § 45 Absatz 4 der Rechts- und Verfahrensordnung des TFV (RuVO) zu einer Geldstrafe verurteilt.

In der Begründung wird durch das Sportgericht unter anderem ausgeführt: „Durch den hier gegenständlichen Ruf des Anhängers des Betroffenen ist der Tatbestand des § 45 Absatz 4 i.V.m. § 45 Absatz 1 der Rechts- und Verfahrensordnung des Thüringer Fußball-Verbandes e.V. erfüllt.

Die hier gegenständliche Wortwahl ist nach ständiger Rechtsprechung des DFB als rassistisch und menschenverachtend einzuordnen und verstößt in grober Weise gegen die Werteordnung des Thüringer Fußball-Verbandes e.V., des DFB und einer demokratischen Gesellschaft. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob hierdurch auch strafrechtliche Tatbestände erfüllt werden. Die Einordnung eines Verhaltens - bzw. hier einer Äußerung - als „unsportliches Verhalten“ muss nicht zwangsläufig deckungsgleich mit der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen eines Straftatbestandes sein. Vielmehr gewährt das Grundrecht des Art. 9 Abs. 1 GG als Wesensmerkmal des Rechts zur Gründung von Personenvereinigungen den Verbänden und Vereinen auch das Recht zur autonomen Gestaltung der inneren Verfassung eines Vereins. Hierzu gehört als elementare Grundlage auch das Recht zur eigenen Rechtsetzung, insbesondere auch durch die Definition eigener Vereins-Straftatbestände. In diesem Rahmen ist die Einordnung eines bestimmten Verhaltens als „unsportliches Verhalten“ durch die zuständigen Verbandsinstanzen seit jeher allgemein anerkannt. Vor diesem Hintergrund verstößt die hier gegenständliche Äußerung unzweifelhaft gegen die der Satzung und den Ordnungen des Thüringer Fußball-Verbandes e.V. und des DFB innewohnenden Werteordnung. Auch unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit kann die hier vorzunehmende Gesamtabwägung zu keinem anderen Ergebnis führen (siehe: Sportgericht des DFB, Entscheidung Nr. 156/2018/2019 3.Liga).

Gemäß § 9a Nr. 2. der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB, wie auch nach der gleichlautenden Vorschrift in § 3 Absatz 2 der Rechts- und Verfahrensordnung des Thüringer Fußball-Verbandes e.V., haften der gastgebende Verein wie auch der Gastverein ausdrücklich vor, während und nach dem Spiel im Stadionbereich für Zwischenfälle jeglicher Art, die von dem von § 9a Nr. 1. der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB erfassten Personenkreis verursacht worden sind. Danach sind Vereine und Tochtergesellschaften für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger und Zuschauer verantwortlich. Die Haftung der Vereine für Fehlverhalten von ihnen zuzurechnenden Personen ist in den Statuten des DFB zweifelsfrei geregelt. Die Rechtslage im Bereich des DFB entspricht der der UEFA für den europäischen Fußball. Diese wurde bereits mehrfach vom Internationalen Sport-Schiedsgericht (CAS) sowie - auf nationaler Ebene - vom Ständigen Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen bestätigt.

Hinsichtlich der Verantwortlichkeit eines Vereins für das Fehlverhalten seiner Anhänger ist zudem darauf hinzuweisen, dass der CAS in seiner Entscheidung vom 9. Februar 2007 (CAS 2007/A/1217) darauf abstellt, dass der Begriff „Fan“ im Fußball nicht anhand bestimmter (enger) Kriterien definiert werden kann, sondern die Vereine nach den Statuten für jeden verantwortlich sind, dessen Verhalten einen vernünftigen und objektiven Beobachter im Stadion darauf schließen lässt, dass es sich bei ihm um einen Anhänger des betreffenden Vereins handelt (siehe: Sportgericht des DFB, a.a.O.). IV.

Entsprechend war der Betroffene gemäß § 45 Absatz 4 der Rechts- und Verfahrensordnung des Thüringer Fußball-Verbandes e.V. zu bestrafen. Dieser sieht Geldstrafen von € 250,00 bis zu € 20.000,00 vor. In schwerwiegenden Fällen können zusätzliche Sanktionen, insbesondere die Austragung eines Spiels unter Ausschluss der Öffentlichkeit, die Aberkennung von Punkten oder der Ausschluss aus dem Wettbewerb ausgesprochen werden.“

Hartmut Gerlach